Im Kanton Zug werden seit einer Woche alle Schülerinnen und Schüler ab 12 Jahren zweimal pro Woche getestet. Zuger Kantonsarzt ist Rudolf Hauri, der auch Präsident der Schweizer Kantonsärzte ist – und entsprechend nah am Puls der Menschen, um zu verstehen, wie sehr sie nach einem Jahr Corona noch bereit sind, die Einschränkungen mitzutragen.
SRF: Vor einem Jahr ist die Corona-Pandemie in der Schweiz angekommen. Heute hat man das Gefühl, dass die Menschen gereizt und dünnhäutig sind wie noch nie. Empfinden Sie das auch so?
Rudolf Hauri: Ich verstehe, dass man genervt ist, ein Jahr ist eine lange Zeit, wir haben viele Einschränkungen hinter uns und sehen noch nicht wirklich ein Ende.
Angespannt und genervt ist auch die Politik. Was sagen Sie zu Forderungen der Wirtschafts- und Gesundheitskommission, dass die Öffnungen am 22. März per Gesetz befohlen werden müssen?
Wir werden sehen, wie das Parlament entscheidet. Epidemiologisch entscheidend ist, dass man schnell handeln kann, und ob man schnell handeln kann, wenn jedes Detail im Gesetz steht, ist eine andere Frage. Ich selbst würde wahrscheinlich anders entscheiden.
Heute war man sich am Point de Presse der Fachleute nicht ganz einig, ob man die epidemiologische Situation als positiv oder als negativ bewerten soll. Wie sehen Sie das – ist das Glas halb voll oder halb leer?
Es ist tatsächlich eine schwierige Situation. Ich bin eher Optimist und würde deshalb sagen, das Glas ist halb voll. Aber die Situation ist alles andere als stabil. Optimistisch macht mich, dass wir weiter sind als letztes Jahr. Wir haben die Impfungen, wir haben die Massentests, und da haben wir doch eine andere Perspektive.
Stichwort Impfungen: Heute hat das BAG bekannt gegeben, dass schweizweit praktisch alle Menschen in den Alters- und Pflegeheimen geimpft sind. Erstaunlich! Müsste man jetzt nicht Lockerungen vornehmen, sodass die Menschen in den Heimen wieder einigermassen normal leben können?
Die Durchimpfung ist nicht in allen Heimen abgeschlossen. Aber mit Impfungen und mit Massentests kann man gewisse Lockerungen diskutieren und rechtfertigen. Man könnte zum Beispiel die Besuchsregeln und die Maskenregeln etwas lockern. Und man kann sich auch überlegen, ob man das Zusammensein, die Mobilität wieder mehr ermöglichen könnte.
Mit Impfungen und mit Massentests kann man gewisse Lockerungen diskutieren und rechtfertigen.
Im Kanton Zug testen Sie alle Schülerinnen und Schüler ab 12 Jahren zweimal die Woche. Was sind Ihre Erkenntnisse daraus?
Die wichtigste Erkenntnis ist, dass die Schüler und Lehrpersonen sehr gut mitmachen. Wir haben über 98 Prozent Beteiligung an den Tests. Wir sehen auch, dass sich die Tests lohnen. Wir haben sehr niedrige Detektionsraten, das heisst, die Aktivität des Virus in den Schulen dürfte recht niedrig sein – wahrscheinlich unter einem Prozent.
Das Gespräch führte Urs Leuthard.