Das Wichtigste in Kürze
- Anfang September hätten der Initiative für Ernährungssouveränität 49 Prozent bestimmt oder eher zugestimmt. Anfang August waren es noch 75 Prozent.
- Der Anteil derjenigen, die dagegen stimmen, ist von 22 auf 46 Prozent gestiegen. 5 Prozent sind noch unentschlossen.
- Der Stand der Meinungsbildung ist mittel bis hoch. Aufgrund des überdurchschnittlich starken Nein-Trends ist ein Nein zur Initiative wahrscheinlich.
Der Anteil derjenigen, die die Initiative für Ernährungssouveränität annehmen wollen, ist innerhalb von vier Wochen eingebrochen. Das zeigt die zweite Umfrage des Instituts gfs.bern im Auftrag der SRG. Hätten Anfang August noch drei Viertel der Stimmenden die Initiative angenommen, waren es Anfang September nur noch 49 Prozent.
Die Ablehnung ist von 22 auf 46 Prozent gestiegen. «Bei der ersten Befragung war es noch kaum möglich, sich über die Schwächen der Initiative zu informieren», erklärt Lukas Golder, Co-Leiter gfs.bern, den Meinungsumschwung.
Genau diese Schwächen sind aber entscheidend. «Es ist typisch, dass man eher über die Schwächen einer Initiative abstimmt», sagt Golder – im Falle der Ernährungssouveränität etwa die Kosten.
Die Pro-Argumente haben zwar gegenüber der ersten Umfrage an Zustimmung eingebüsst, sind aber im Grunde unbestritten. Bodenschutz, die Stärkung der einheimischen Produktion wie auch die Ansicht, normwidrige Produkte sollten mit Zöllen belegt werden, sind mehrheitsfähig. Dennoch lehnen auch Leute, die die Anliegen teilen, die Initiative ab.
Der Problemdruck fehlt
Auch das in der Initiative vorgesehene Gentech-Verbot sei eigentlich mehrheitsfähig. Doch ein sympathisches Anliegen allein reiche nicht: «Es braucht einen Problemdruck», sagt Golder. Ein solcher fehle bei der Initiative für Ernährungssouveränität weitgehend.
Die Stimmabsicht wird insbesondere dadurch erklärt, welcher Partei sich eine Person zugehörig fühlt. Mehrheitlich dafür stimmen demnach die Wähler der Grünen (88 Prozent) und der SP (62 Prozent) – wobei der Ja-Stimmen-Anteil bei den Grünen im Vergleich zur letzten Umfrage sogar noch zugelegt hat. Auch bei den Parteiungebundenen hat das Ja-Lager noch eine knappe Mehrheit (53 Prozent).
Das Rennen ist fast gelaufen.
Im linken Umfeld und bei Personen, die sich vegetarisch oder vegan ernähren, dürfte die Zustimmung laut gfs.bern bis zum Schluss halten. Das Institut bezeichnet denn auch die Ablehnung der Initiative als wahrscheinlich – «das Rennen ist fast gelaufen», sagt Co-Leiter Lukas Golder.
Haushaltseinkommen erweist sich als relevant
Haushalte mit den tiefsten Einkommen stimmen der Initiative am stärksten zu. Haushalte der höchsten Einkommensklasse lehnen die Initiative am stärksten ab. Das sei etwas überraschend, müsse aber nichts heissen, so Golder. «Vielleicht ist bei den tiefen Einkommen die Meinungsbildung einfach noch etwas weniger weit.» Das Kosten-Argument könne schliesslich auch bei dieser Gruppe entscheidend sein.