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Türkei-Konflikt Cassis will in die Türkei reisen

Reise in die Türkei: Mitten im Konflikt zwischen der Schweiz und der Türkei möchte der neue Aussenminister Ignazio Cassis in die Türkei reisen. Ein genaues Datum sei noch nicht bekannt, heisst es in einer Stellungnahme des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA). Die Möglichkeit einer Reise werde aber seit längerem diskutiert. Eine Sprecherin präzisierte, dass die Reisepläne nichts mit den aktuellen Spionagevorwürfen zu tun hätten.

Der Aussenminister will in die Türkei reisen.
Legende: Der Aussenminister will in die Türkei reisen. Keystone

Spione planten Entführung: Türkische Diplomaten sollen im Sommer 2016 in der Schweiz die Entführung eines schweizerisch-türkischen Unternehmers vorbereitet haben. Das berichtete der «Tages-Anzeiger» am Donnerstag. Demnach sollten die als Diplomaten getarnten türkischen Spione den Mann offenbar kidnappen, weil er Anhänger der Gülen-Bewegung sei. Diese gilt in der Türkei von Präsident Recep Tayiip Erdogan als Terroroganisation.

Das türkische Aussenministerium wies den Verdacht zurück, dass Angestellte der Botschaft in Bern die Entführung eines Geschäftsmanns aus der Schweiz geplant hätten. Das seien grundlose Anschuldigungen, erklärte Ministeriumssprecher Hami Aksoy.

Feindbild von Erdogan: Fethullah Gülen.
Legende: Feindbild von Erdogan: Fethullah Gülen. Keystone

Schweiz verurteilt Aktion: Die Schweiz hat gegenüber der Türkei scharf gegen mutmassliche Spionageaktivitäten und Entführungspläne protestiert. Am Freitag hatte EDA-Staatssekretärin Pascale Baeriswyl in einem Telefongespräch mit ihrem türkischen Amtskollegen in Ankara klargemacht, dass die Schweiz keine Spionageaktivitäten auf ihrem Territorium dulde.

«Wir können es nicht dulden, dass jemand bei uns spioniert, noch irgendwelche anderen nachrichtendienstlichen Aktivitäten ausübt», habe sie ihrem türkischen Amtskollegen gesagt. Das sei eine Frage der nationalen Souveränität, die «gerade einem Land wie der Türkei sehr wichtig ist», schilderte sie gegenüber SRF den Inhalt ihres Telefongesprächs.

Sollte die Türkei «den Eindruck haben», dass sich Landsleute in der Schweiz illegal betätigten, müsse sie das den Schweizer Behörden sagen.

Baeriswyl telefonierte mit dem türkischen Aussenministerium.
Legende: «Wir können es nicht dulden, dass jemand bei uns spioniert.» Baeriswyl telefonierte mit dem türkischen Aussenministerium. Keystone

Mehrmals interveniert: Die Schweiz hat seit dem vereitelten Putschversuch in der Türkei im Juli 2016 schon mehrmals gegenüber Ankara wegen mutmasslicher Spionageaktivitäten interveniert.

Genau vor einem Jahr hatte die Bundesanwaltschaft mit Ermächtigung des Bundesrats ein Strafverfahren wegen Verdachts auf politischen Nachrichtendienst im Umfeld der türkischen Gemeinschaft in der Schweiz eröffnet.

Eine Abklärung durch das EDA ergab, dass die beschuldigten Personen für die ihnen vorgeworfenen Taten keine diplomatische Immunität geniessen könnten. Sie seien aber mittlerweile nicht mehr in der Schweiz, hatte es am Donnerstag von Seiten des EDA geheissen.

Politische Reaktion: Die mutmasslichen Spionageaktivitäten der Türkei in der Schweiz gibt auch im Parlament zu reden. Die Präsidentin der Aussenpolitischen Kommission (APK) des Nationalrats, CVP-Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter, sagt gegenüber SRF: «Auf solche Vorkommnisse muss harsch reagiert werden. Die Schweiz kann es nicht akzeptieren, dass derartige Konflikte auf diese Art und Weise in unserem Land ausgetragen werden. Wir dürfen es nicht akzeptieren, dass unser Territorium missbraucht wird.»

CVP-Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter
Legende: CVP-Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter: «Auf solche Vorkommnisse muss harsch reagiert werden.» Keystone

Schneider-Schneiter erklärt, dass sich die Aussenpolitische Kommission mit der Sache befassen werde. Die APK-Präsidentin sagt aber: «In erster Linie ist es Sache des Bundesrates, hier die nötigen Gespräche und Massnahmen zu treffen.»

Auch SVP-Nationalrat und Aussenpolitiker Roland Rino Büchel fordert klare Kante vom Bundesrat: «Der türkische Botschafter gehört jetzt ganz klar heran zitiert und Bundesrat Cassis muss das bei seinem Besuch in der Türkei ansprechen.»

Auf türkischer Seite spricht man von grundlosen Anschuldigungen und weist die Vorwürfe aus der Schweiz zurück.

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