Wer heute mit 58 Jahren arbeitslos wird und dann keine Stelle mehr findet, muss mit 60 je nachdem aufs Sozialamt. Und muss dann bis zur Pension Sozialhilfe beziehen. Der Bundesrat, die Arbeitgeber und die Gewerkschaften finden das unwürdig. Sie schlagen vor, dass Arbeitslose über 60 eine Überbrückungsrente bekommen.
Wenig Gefallen findet die Idee in Wirtschaftskreisen. Die erste Probe hatte die Idee im Ständerat zu bestehen – und dieser sagte grundsätzlich Ja.
Wenn jemand jahrzehntelang gearbeitet und Steuern bezahlt hat und im Alter arbeitslos wird und nichts mehr findet, ist das eine Schande für die Betroffenen und ihre Familien.
Unwürdig sei die Situation von älteren Arbeitslosen derzeit – dieses Wort fiel immer wieder im Ständerat. Auch der St. Galler SP-Ständerat Paul Rechsteiner brauchte es, um die Lage von Menschen über 60 ohne Job zu beschreiben: «Wenn jemand jahrzehntelang gearbeitet und Steuern bezahlt hat und im Alter arbeitslos wird und nichts mehr findet, ist das eine Schande für die Betroffenen und ihre Familien.»
Von der CVP appellierte der Obwaldner Erich Ettlin an seine Ratskollegen: «Fragen Sie mal Leute, die in diesem Alter arbeitlos werden und eine Stelle suchen. Sie kriegen bei hunderten Bewerbungen die gleiche Antwort: ‹Interessanter Lebenslauf, aber leider...› oder aber: ‹überqualifiziert›.»
Ab 60 sollen Arbeitslose daher eine Überbrückungsrente bis zur ordentlichen Pensionierung erhalten, schlägt der Bundesrat in Absprache mit den Sozialpartnern vor. Die neue Rente gibts unter anderem aber nur dann, wenn jemand zwanzig Jahre lang in die AHV einbezahlt hat.
Falscher Anreiz für Unternehmen?
Eine neue Sozialleistung sei da aber die falsche Antwort, heisst es von Gegnerseite – etwa vom Schaffhauser Thomas Minder von der SVP-Fraktion. Die Überbrückungsrente schaffe falsche Anreize für Firmen: «Es besteht sogar die Gefahr, dass Unternehmen ältere Mitarbeiter eher und früher entlassen, wenn ein zusätzliches staatliches Auffangnetz existiert.»
Das wahre Problem für ältere Schweizer Arbeitslose seien günstigere Arbeitnehmer aus der EU. Tatsächlich will der Bundesrat mit der neuen Rente auch den Kritikern der Personenfreizügigkeit den Wind etwas aus den Segeln nehmen – mit Blick auf die Abstimmung über die Begrenzungsinitiative, die die Personenfreizügigkeit beseitigen will.
Man will mit der neuen Leistung einen möglichst positiven Boden für die Begrenzungsinitiative oder sogar für die Akzeptanz des Rahmenabkommens mit der EU bereiten.
SVP-Ständerat Alex Kuprecht sagt daher: «Man will mit der neuen Leistung einen möglichst positiven Boden für die Begrenzungsinitiative oder sogar für die Akzeptanz des Rahmenabkommens mit der EU bereiten. Man schlägt den Sack und meint den Esel.»
Die Gegner bleiben aber in der Minderheit: Mit 33 zu 11 sagt der Ständerat am Ende deutlich Ja. Nein sagen Ständeräte der SVP und einzelne von FDP und CVP. Allerdings dampft der Ständerat die Vorlage ein: So kürzt er die Überbrückungsrenten deutlich – maximal 39'000 Franken soll eine Alleinstehende noch erhalten – der Bundesrat sieht knapp 20'000 Franken mehr vor. Dafür soll die Rente steuerfrei sein.
Als Nächstes entscheidet der Nationalrat.