Das Wichtigste in Kürze
- Nach dem Ja des Schweizer Stimmvolks zur Energiestrategie macht sich der Bundesrat an die konkrete Umsetzung.
- Die Eidgenössische Natur- und Heimatschutzkommission schlägt nun Alarm. Wenn der Bundesrat an seinen Plänen festhalte, würden der Naturschutz komplett ausgehebelt und natürliche Lebensräume zerstört, warnt sie.
- Beim Bundesamt für Energie heisst es, zurzeit würden die Stellungnahmen zur Verordnung ausgewertet. Voraussichtlich Ende Oktober werde der Bundesrat definitiv entscheiden, wie die konkrete Umsetzung der Energiestrategie ab Januar 2018 aussehen werde.
Die Energiestrategie will den Bau von Wasser- und Windkraftwerken erleichtern. Deshalb erklärt sie einzelne Anlagen zum «nationalen Interesse». Dies hat zur Folge, dass Natur- und Heimatschutz nicht mehr in jedem Fall höher gewichtet werden, sobald es Einsprachen gibt. Ab welcher Kraftwerksgrösse ein «nationales Interesse» besteht, das kann der Bundesrat festlegen.
Bundesrat übergeht den Naturschutz
Anfang Jahr bereits hat die Landesregierung ihre Vorstellungen in einem Entwurf der neuen Energieverordnung präsentiert. Der Präsident der eidgenössischen Natur- und Heimatschutzkommission, Herbert Bühl, zeigt sich schockiert:
Die schlimmsten Befürchtungen, die wir hatten, die wurden noch übertroffen.
Die Schwelle, ab wann eine Anlage von «nationalem Interesse» sei, werde so tief angesetzt, dass die Schutzwirkung der Bundesinventare im Bereich Natur- und Heimatschutz «komplett ausgehebelt» werde, schreibt die Kommission in einer Stellungnahme Faktisch jedes Kleinwasserkraftwerk an einem Gebirgsbach oder Windkraftanlagen mit nur gerade zwei Turbinen könnten bereits zum «nationalen Interesse» erklärt werden. Damit unterlaufe man die Ziele des Natur- und Heimatschutzgesetzes in einem «wohl frivolen Ausmass», schreibt die Kommission.
Unseriöser Gesetzgebungsprozess
Ungewöhnlich deutliche Worte einer eidgenössischen Kommission. Bühl sagt dazu, dass die Situation sehr ernst sei. Man bediene sich normalerweise nicht eines solchen Vokabulars.
Hier wird wirklich etwas vorgeschlagen, wo man sagen muss, faktisch gibt es die Wirkung der Schutzgebiete dann in Bezug auf Energieanlagen nicht mehr.
Die Kommission, die den Bundesrat in Natur- und Heimatschutzfragen berät, schreibt: Das Vorgehen der Regierung sei «nicht akzeptabel». Auf die Frage, ob die Kommission nicht überflüssig werde, wenn die Energieverordnung so durchkomme, antwortet Präsident Bühl: «Ja, die Frage kann man sich dann mit Recht stellen.»
Ende Oktober fällt der definitive Entscheid
Beim Bundesamt für Energie heisst es, zurzeit würden die Stellungnahmen zur Verordnung ausgewertet. Voraussichtlich Ende Oktober werde der Bundesrat definitiv entscheiden, wie die konkrete Umsetzung der Energiestrategie ab Januar 2018 aussehen werde.