Partnerschaften mit China sind für Schweizer Akteure oder Institutionen eine delikate Sache. Die Menschenrechtslage, der Konflikt mit Taiwan, das autoritäre Politsystem oder jüngst die Haltung im russischen Krieg gegen die Ukraine, sorgen immer wieder für Kritik an China. Gleichzeitig ist das Reich der Mitte eine globale Führungsmacht, ein wirtschaftlicher Koloss und das Geschäft mit China darum attraktiv.
Wie ein Schweizer Kanton mit diesem Spannungsfeld umgehen soll, darüber hat am Mittwoch das Solothurner Kantonsparlament debattiert. Solothurn pflegt im Vergleich zu anderen Kantonen eine ziemlich enge Beziehung zu China. Diese Beziehung sei aber zu wenig kritisch, findet eine Mehrheit des Kantonsparlamentes und fordert von der Regierung, dass sie künftig gegenüber China mehr Kritik äussert, auch heikle Themen anspricht und sich sogar überlegt, unter welchen Bedingungen die Freundschaftsverträge allenfalls gekündet werden sollen.
Von einer Kündigung der Partnerschaft wollte die Regierung nichts wissen, das sei wenig zielführend. Ausserdem sei die Förderung des gegenseitigen Verständnisses zwischen den Kulturen auf allen Staatsebenen ein fester Bestandteil der schweizerischen Aussenpolitik. Für die Kommunikation über heikle Fragen bezüglich Menschenrechte sei aber der Bund zuständig, so der Standpunkt der Regierung. Hier klopft das Parlament dem Regierungsrat nun aber etwas auf die Finger.
Geschäfte vs. Ideologie
In der Diskussion prallten zwei unterschiedliche Sichtweisen aufeinander. Vertreterinnen und Vertreter des links-grünen Lagers betonten, man könne diese Partnerschaft nicht einfach weiterführen und so tun als wisse man nichts von der international geäusserten Kritik an China. Er sei enttäuscht vom fehlenden Mut der Regierung, sagte beispielsweise EVP-Vertreter André Wyss, der die Debatte angestossen hatte: «Es zeigt, wie gross der Druck schon ist, der vonseiten Chinas schon auf uns lastet und wie sehr man wirtschaftliche Interessen stärker gewichtet als die Menschenrechte.»
Viele Menschenrechtsverletzungen seien offiziell anerkannt, auch von der Schweiz, betonte die SP-Fraktion. Man dürfe deshalb nicht zu viel Angst haben, solche Punkte auch als kleiner Kanton Solothurn anzusprechen, wenn man mit den Partnern zu tun habe: «In einer funktionierenden Partnerschaft sollte es möglich sein, auch heikle Themen anzusprechen», fand SP-Sprecher Stefan Hug.
Die fehlende Kritik an China zeigt, wie sehr man wirtschaftliche Interessen höher gewichtet als Menschenrechte.
Vertreter des bürgerlichen Lagers hielten dagegen, man könne als kleiner Kanton Solothurn ja sowieso nicht wirklich etwas ändern an der Menschenrechtslage im riesigen China. Man könne sich aber durchaus selber schaden, wenn man China mit zu viel Kritik brüskiere.
Dabei stünden auch handfeste wirtschaftliche Interessen auf dem Spiel, erläuterte zum Beispiel FDP-Kantonsrat Simon Michel, der auch Chef der Medizintechnikfirma Ypsomed ist: «Jede Woche verlassen alleine hier in Solothurn zehn Container mit Insulin-Pens unsere Werke». Schweizer Kantone seien geschätzte Handelspartner, unter anderem weil es im Unterschied zur EU oder den USA keine Zölle gibt zwischen der Schweiz und China.
Eine unmittelbare Änderung der Solothurner Beziehungen zu China wird es nach der Debatte im Kantonsparlament nicht geben, es gab auch keinen Beschluss zu fassen. Allerdings dürfte die Regierung durchaus den Mahnfinger des Parlamentes gespürt haben, dass auch ein kleiner Kanton wie Solothurn nicht gänzlich auf kritische Äusserungen gegenüber der Grossmacht China verzichten soll.