Am 1. Mai 2011 griff die Zürcher Polizei rigoros durch. Sie kesselte damals die Nachdemonstration des traditionellen Umzugs am Tag der Arbeit ein, um Krawalle zu verhindern. Rund 500 Personen landeten im Polizeikessel, wurden darauf für mehrere Stunden verhaftet und schliesslich für 24 Stunden weggewiesen.
Bundesgericht hielt Polizeieinsatz für rechtmässig
Im Nachhinein beschwerten sich mehrere Betroffene gegen das Vorgehen der Polizei. Drei gelangten damit bis vor Bundesgericht. Dieses wies die Beschwerde 2016 ab.
Die Polizei habe im Interesse der Öffentlichkeit einschreiten dürfen. Sie habe aufgrund früherer Erfahrungen damit rechnen müssen, dass es bei einer Nachdemonstration Sachbeschädigungen oder sogar Verletzte geben könnte.
Recht auf Freiheit und Sicherheit verletzt
Zwei der Betroffenen zogen das Urteil jedoch weiter an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) – und dieser widerspricht nun explizit dem Bundesgericht in Lausanne. Bei der Einkesselung und der Festnahme sei das Recht auf Freiheit und Sicherheit der Betroffenen verletzt worden.
Es habe sich um einen unzulässigen Freiheitsentzug gehandelt, schreibt der Gerichtshof in seinem Urteil vom Dienstag. Die Beschwerdeführer erhalten eine Genugtuung von je 1000 Euro sowie mehrere Tausend Euro für Anwaltskosten.
«Polizei muss über die Bücher»
Viktor Györffy, der Anwalt der beiden Betroffenen, freut sich über das Urteil aus Strassburg. Der Entscheid zeige, dass die Taktik der Polizei mit Einkesselung und Festnahme zwangsläufig gegen die Europäische Menschenrechtskonvention verstosse: «Die Polizei muss über die Bücher und kann diese Strategie künftig nicht mehr anwenden», sagt der Zürcher Rechtsanwalt.
Die Stadt Zürich kommentiert das Urteil aus Strassburg am Dienstag noch nicht. Dafür sei es noch zu früh, sagt Mathias Ninck, Sprecher des Sicherheitsdepartements, auf Anfrage des Regionaljournals Zürich Schaffhausen von Radio SRF.