Der AHV-Steuer-Deal in zwei drei kurzen Sätzen? Es gibt neue Steuerprivilegien für Unternehmen. Zudem planen Kantone, die Gewinnsteuern zu senken. Im Gegenzug bekommt die AHV eine Finanzspritze.
Getragen wird dieser Deal von einer Allianz aus Mitte- und Mitterechtsparteien. Und: von der SP. Das hat die Partei am Wochenende beschlossen. Kritisiert wird der Deal jetzt aber trotzdem – und das gleich von links und von rechts, wie die Arena zeigte.
SP-Nationalrätin Jacqueline Badran steht hinter dem Deal: «Er löst zwei ‹verkachelte› Dossiers in denen durchaus inhaltlich grosser Zusammenhang besteht.» Gemäss Badran würden diejenigen zahlen, die die Probleme verursachen, nämlich Konzerne und Reiche.
Unterstützt wird Badran von ungewohnter Seite. FDP-Ständerat Philipp Müller erinnert daran, dass das Volk die Unternehmenssteuerreform III hochkant abgelehnt habe. Müller sieht dies als Aufforderung des Volkes ans Parlament: «Wir müssen die privilegierte Besteuerung von gewissen grossen Gesellschaften, die primär ihre Gewinne im Ausland machen, abschaffen.»
Die Antwort lässt nicht lange auf sich warten: «Diese Verknüpfung dieser Dossiers ist nicht aufgrund eines sachlichen Zusammenhangs entstanden, sondern aus parteistrategischen Gründen», sagt Benjamin Fischer . Die SP habe bisher zu keiner Unternehmenssteuerreform Ja gesagt, so der Präsident der Jungen SVP. Die FDP habe mit diesem Deal einfach versucht, die SP in ihr Boot zu holen.
Seiner Ansicht nach verhindert dieses Paket eine richtige Reform: «Wir dürfen nicht Lohnprozente erhöhen, um die AHV zu sanieren. Diese brauchen wir nämlich für die zweite Säule.» Denn: Die 2. Säule könne ja nur mit Lohnprozenten saniert werden. Mit diesem Deal «wird somit alles aus der Hand gegeben.»
Diese Verknüpfung der Dossiers ist nicht aufgrund eines sachlichen Zusammenhangs entstanden, sondern aus parteistrategischen Gründen
Pfister und Badran schütteln schmunzelnd den Kopf. Das Wort übernimmt aber Balthasar Glättli von den Grünen, der ausnahmsweise an einem Rednerpult direkt neben SVP-Mann Fischer steht. Der Nationalrat plädiert für zwei Abstimmungen: «Wir Grünen haben nicht gesagt, dass es keine Päckli geben darf in der Politik, ein Kompromiss besteht immer aus einer Auswahl an Päckchen.» Aber wenn man eine direkte Demokratie habe und zwei Päckli, die beide höchst umstritten sind, dann wär es doch klug, unseren Stimmberechtigten die Möglichkeit zu geben, sagen zu können, ob man es gut finde. Die Möglichkeit sollte gegeben sein, in zwei Abstimmungen den einen Inhalt abzulehnen und den anderen gut zu finden.
Was sagt der Experte?
«Ein Beispiel aus Neuenburg zeigt, dass solche Pakete funktionieren können», erklärt Philipp Egli , Leiter Zentrum für Sozialrecht an der ZHAW. Das verantwortliche Gericht habe zwar schliesslich entschieden, dass bei diesem Paket die «Einheit der Materie» verletzt sei, so Egli. Auf Bundesebene aber werde dies nicht überprüft und vielleicht sei das auch richtig so. Denn: «Ein politischer Kompromiss ist meiner Ansicht nach auch politisch zu verantworten und nicht als Rechtsfrage zu beurteilen», sagt Egli.
Die vorgeschlagenen Lösungen
Doch wie soll die Problematik mit Hilfe des Pakets gelöst werden?
Ein Erklärstück zum Teil der AHV-Finanzierung:
Der Teil der Steuervorlage gründet auf internationalem Druck. Die Schweiz gewähre gewissen Firmen Steuerprivilegien. Mit dem Deal sollen diese abgeschafft, und dafür neue geschaffen werden.
Ein Erklärstück zur Steuervorlage:
Die Frage nach der Finanzierung
Für Jacqueline Badran macht eine Finanzierung nur über die Erhöhung der Lohnprozente und nicht über die Mehrwertsteuer Sinn : «Wenn man das Ganze über die Lohnprozente finanziert, verdienen über 90 % der Leute an jedem Lohnprozent, das sie mehr zahlen. Dies, weil vor allem die Reichen, die sogenannten Einkommensmillionäre die AHV bezahlen». Im Gegensatz zu ihnen als Netto-Zahler seien alle anderen Netto-Empfänger. Denn: «Über 90 % der Leute kriegen mehr Geld aus der AHV, als sie einzahlen», so Badran. Eine Finanzierung über die Mehrwertsteuer hingegen würde die grosse Mehrheit treffen.
Fischer würde sich nicht anmassen, Badrans Fachkompetenz in Frage zu stellen, wie er selbst einleitend zu seinem Konter sagt. «Das ist auch gut so», wirft Badran ein und sorgt damit für Gelächter in der Arena. Für Fischer lässt Badran aber ausser Acht, dass die Reform nur kurzfristig eine Lösung bringe. Bereits 2023 sei der gewonnene Zustupf wieder weg und das Umlageergebnis wie heute wieder negativ. Es fliesse also wieder mehr raus als rein.
Diese Zahlen kenne man, erwidert Müller. «Es liegt an uns, wenn das Volk im Mai 2019 Ja dazu sagt, den nächsten Schritt zu machen. Aber mir graut vor Herrn Fischers Aussagen. Denn würden wir die Vorlagen trennen, käme das Referendum zur AHV von Fischers, und dasjenige zur Steuerreform von Glättlis Seite.»
Würden wir die Vorlage trennen, käme das Referendum zur AHV von Fischers, und dasjenige zur Steuerreform von Glättlis Seite.
Fischer fragt, wer denn für diese zu erwartenden zwei Milliarden aber am Schluss aufkomme? «Wir Junge, wir zahlen dann ein Leben lang mehr Lohn dafür, dass wir keine sichere AHV haben.»
Es scheint, als habe Badran nur auf diesen Satz gewartet: «Das ist eine Sauerei», sagt sie laut. Erstens sei dies unsolidarisch gegenüber den Alten in diesem Land. «Sie sind auch mal alt Herr Fischer, und die Jungen werden dann ihre Rente finanzieren». Das sei die Logik der AHV.
Ob man dieser Logik anhand des Deals letztlich gerecht werden kann, wird sich auch nach der möglichen Abstimmung im Mai 2019 nicht restlos beantworten lassen.