Die Lust der Schweizer Bevölkerung auf Poulet ist ungebrochen gross: Fast 15 Kilogramm Geflügel isst hierzulande eine Person durchschnittlich jedes Jahr. Tendenz eher steigend. Das weiss auch der Fleischverarbeiter Micarna, ein Tochterunternehmen der Migros.
Micarna will einen neuen Geflügelschlachthof im Freiburger Broyebezirk bauen. Dieser soll eine Anlage im rund 15 Kilometer entfernten Courtepin (FR) ersetzen, die über 60-jährig ist. «Die Anlage in Courtepin ist veraltet und am Ende des Lebenszyklus angekommen», begründet Marcel Schlatter, Mediensprecher der Migros, den geplanten Neubau.
Der neue Schlachthof soll auf einem Gelände entstehen, das dem Kanton Freiburg gehört. Der Kanton möchte dort einen «Swiss Campus for Agri and Food Innovation» realisieren und Projekte im Bereich der Lebensmittelproduktion und der Landwirtschaft fördern.
Dass ausgerechnet auf diesem Gelände ein neuer Pouletschlachthof entstehen soll, ärgert Anwohnerinnen und Anwohner des Geländes. Auch Vincent Beuret wehrt sich gegen den neuen Schlachthof. Er ist Mitglied der Bürgerbewegung Ecotransition.
Ein neuer Schlachthof ist nicht mehr zeitgemäss.
Der Kanton Freiburg habe versprochen, auf dem Campus Innovationen in der Landwirtschaft zu fördern, sagt Beuret. «Dass hier jetzt eine riesige Pouletproduktion entstehen soll, entspricht überhaupt nicht mehr diesem Versprechen.»
Ein neuer Pouletschlachthof? «Das geht nicht, das ist einfach nicht mehr zeitgemäss», findet auch Florian Kasser von Greenpeace. Stichwort: Klimaerwärmung und natürliche Ressourcen, die immer knapper werden. «In der Schweiz müssen wir zugunsten der Umwelt und der Biodiversität den Fleischkonsum deutlich reduzieren.»
Immer mehr Poulet
Die Migros hingegen sieht wenig Anlass, die Schweizer Geflügelproduktion zurückzufahren, wie das etwa Greenpeace fordert. «Es ist ein Fakt, dass in der Schweiz immer noch sehr viel Poulet gegessen wird», so Marcel Schlatter, Mediensprecher der Migros.
Tatsächlich wird in der Schweiz immer mehr Poulet gegessen. Das zeigen Zahlen der Branchenorganisation Proviande. In den letzten 20 Jahren ist der Geflügelkonsum pro Kopf hierzulande von 9 auf 15 Kilogramm gestiegen. Die absolute Menge an Pouletfleisch hat sich in dieser Zeitspanne gar verdoppelt auf fast 134'000 Tonnen. Dies auch, weil das Bevölkerungswachstum den Pouletkonsum zusätzlich angeheizt hat.
Wir ziehen eine lokale Produktion dem Import von ausländischem Pouletfleisch vor.
Dieser Entwicklung wolle man Rechnung tragen und den hohen Anteil an Schweizer Fleisch beibehalten, so die Migros. «Wir wollen über die ganze Wertschöpfungskette wissen: Woher kommt das Fleisch? Wie wird es produziert?», so Migros-Sprecher Marcel Schlatter. «Darum ziehen wir eine lokale Produktion dem Import von ausländischem Pouletfleisch vor.»
Petition und Rekurs eingereicht
Die Gegner des Projektes hingegen betonen, dass die Migros als grosser Player auf dem Lebensmittelmarkt auch eine gesellschaftliche Verantwortung trage und deshalb die Fleischproduktion reduzieren solle.
Greenpeace hat bei der Migros eine Petition mit über 18'000 Unterschriften gegen den neuen Pouletschlachthof deponiert und beim Kanton einen Rekurs gegen die für das Projekt notwendige Revision der Ortsplanung eingereicht. Die Migros sowie auch die Behörden des Kantons Freiburg wollen das Projekt trotz des Widerstandes wie geplant umsetzen.