Die Schweiz hat ein Problem – nämlich: «Gemessen an der Wohnbevölkerung gehört die Schweiz zu den Spitzenreitern bezüglich Siedlungsabfall. Nur etwa die Hälfte wird separat gesammelt und stofflich wiederverwertet, der Rest wird verbrannt oder deponiert. Eine ungeheure Menge», sagte die SP-Nationalrätin Martina Munz (ZH) heute im Nationalrat.
Wir müssen die Kreisläufe schliessen (...).
Aber warum das? Unsere Wirtschaft funktioniere mehrheitlich linear, erklärte der Grüne Bastien Girod (ZH), wir entnähmen der Natur Rohstoffe, wandelten diese in Produkte um, und am Ende würde der Abfall meistens weggeworfen. «Die Kreislaufwirtschaft möchte das ändern. Und das müssen wir ändern, damit die Wirtschaft eine Zukunft hat. Wir müssen die Kreisläufe schliessen, müssen sicherstellen, dass wir Produkte, nachdem wir sie verwendet haben, wiederverwerten können.»
Der Nationalrat will deshalb im Gesetz festschreiben, dass Abfälle zuerst wieder verwendet und wieder verwertet werden müssen, wenn dies technisch möglich und wirtschaftlich tragbar ist. Nur wenn das nicht möglich ist, sollen sie verbrannt oder deponiert werden. Diese Neuerung war weitgehend unbestritten.
SVP gegen nationales Littering-Verbot
Mehr zu reden gab das angepeilte nationale Littering-Verbot. So führte Priska Wismer-Felder (Mitte/LU) aus: «In den Städten ist das achtlose Wegwerfen von Abfällen ein grosses Problem. Ein noch grösseres Problem ist es auf dem Land, wo durch das hirnlose Wegwerfen von Abfall das Leben von Weidetieren bedroht wird. Abfall tötet.»
Wer genau soll dieses Verbot auf dem Land dann kontrollieren (...) ?
Auch die SVP kritisiert, wenn Abfall einfach so weggeworfen wird. Trotzdem wehrte sich Michael Graber (VS) gegen ein nationales Littering-Verbot: «Wer genau soll dieses Verbot auf dem Land dann kontrollieren, wenn jemand etwa beim Wandern etwas wegwirft? Die Nachbarn, oder die Leute, die vor oder neben ihnen wandern? Das wäre etwas, was ich nicht möchte, dass wir hier ein solches Denunziantentum einführen.»
Hier setzte auch Grabers Parteikollege, Bundesrat Albert Rösti, ein. Denn auch der Bundesrat ist gegen ein nationales Littering-Verbot: «Meist werden die Leute ja kaum gerade zu sichten sein, wenn sie Littering betreiben. Von daher bitte ich sie, das nicht auf Bundesebene regeln zu lassen, sondern hier die Kantone, die es meist schon geregelt haben, machen zu lassen.»
Die grosse Mehrheit des Nationalrates vertraut den Kantonen aber nicht und will ein nationales Littering-Verbot.
Auch Private sollen Siedlungsabfälle sammeln dürfen
Umstritten war schliesslich auch die Frage, wer sogenannte Siedlungsabfälle sammeln darf. Heute haben die Kantone ein Monopol für Sammelstellen. Die Mehrheit des Nationalrates will das auch für Private öffnen, um Innovationen zu fördern – auch das gegen den Willen von Bundesrat Rösti. Er sieht darin ein Risiko: «Wir können bei sehr hohen Preisen davon ausgehen, dass sicher Private die Abfälle sammeln werden. Es gibt aber auch Phasen in denen die Preise niedrig oder sogar negativ sind, wie etwa vor kurzem beim Karton. Dann werden Separatsammlungen von Privaten allenfalls aufgegeben.»
Der Nationalrat hat heute zahlreiche substantielle Neuerungen beschlossen, hin zu einer Kreislaufwirtschaft, nun kommt der Ständerat zum Zug.