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Umweltskandal Mitholz Kanton Bern muss Abbau- und Deponiewesen besser kontrollieren

  • Im September 2020 berichteten Medien über eine mutmasslich unsachgemässe Entsorgung von Schotter aus dem Lötschberg-Scheitelbahntunnel im Kandertal.
  • Daraufhin entschied die Geschäftsprüfungskommission (GPK) des Grossen Rats, dazu eine Untersuchung zu starten.
  • Nun wurde der Bericht heute veröffentlicht. Die Kommission sieht bei der Aufsicht dringenden Handlungsbedarf.
  • Das bestehende System der Kontrollen im Abbau- und Deponiewesen müsse dringend verbessert und die Aufsicht gestärkt werden.

Es gilt als eines der grössten Umweltskandale der letzten Jahre im Kanton Bern: illegal entsorgtes Material in einem Steinbruch im Berner Oberland. Welche Rolle der Kanton Bern dabei gespielt hat und wie er seine Aufsichtsfunktion wahrgenommen hat, damit hat sich die GPK in einem Bericht befasst. Jetzt ist das Resultat da: Im Umweltskandal Blausee/Mitholz erhält der Kanton Bern schlechte Noten, er habe die Aufsicht zu wenig wahrgenommen.

Die Vorgeschichte: Vom Fischssterben bis zum Aushub

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Tote Fische im Blausee
Legende: Keystone

Seit 2018 gab es im Blausee im Berner Oberland mehrere Fischsterben. Die Blausee AG vermutet, dass illegal deponierter Schotter die Ursache sein könnte.

Fakt ist: Tatsächlich wurde in einer Baugrube oberhalb des Sees Schotter aus dem Lötschbergtunnel illegal vergraben. Der belastete Schotter aus dem Lötschbergtunnel wird bis Ende 2020 auf dem Steinbruch-Gelände offen umgeladen und zwischengelagert. Ob der Schotter die Ursache ist für das Fischsterben, ist unklar.

Weshalb wurde nicht kontrolliert?

«Wir haben es nicht verpennt», wehrt sich Jacques Ganguin, Vorsteher des Berner Amts für Wasser und Abfall, gegen die Vorwürfe. Doch der Staat sei an verwaltungsrechtliche Prinzipien gebunden. Der Staat könne nicht wegen eines Verdachts von heute auf morgen etwas beenden.

Auch Regierungsrat Christoph Neuhaus wehrte sich: Der Kanton Bern habe beschränkte Ressourcen für Kontrollen. Die Baufirmen hätten nicht «anständig» gearbeitet.

Strafverfahren

Zur Frage, ob eine Kausalität zwischen dem unerlaubt deponierten Material im Steinbruch und dem Fischsterben im Blausee besteht, gibt es konträre Beurteilungen. Ein entsprechendes Strafverfahren läuft.

Die grossrätliche Geschäftsprüfungskommission ortet nach einem Umweltskandal beim Blausee «dringenden Handlungsbedarf». Zu viele Akteure, unklare Kompetenzen, jedes Kontrollorgan verlässt sich auf das andere und niemand hat einen Gesamtüberblick: Diesen Eindruck hat die Geschäftsprüfungskommission (GPK) laut Mitteilung vom Freitag gewonnen.

Acht Empfehlungen

Die GPK hat acht Empfehlungen ausgearbeitet, die sie der Berner Regierung vorlegt. Handlungsbedarf sieht die Kommission vor allem im Bereich der Kontrollen über das Abbau- und Deponiewesen: Wenn über eine lange Zeit nicht regelkonformes Material deponiert werden kann und dies von der Kontrolle unentdeckt bleibt, so ist dies nach Einschätzung der GPK nicht akzeptabel, wie sie in ihrem Bericht feststellt. Das jetzige Modell müsse dringend reformiert werden.

Ebenso sei es notwendig, klarer zu definieren, wer für welchen Bereich in welcher Form zuständig und letztlich auch verantwortlich ist, hält die GPK weiter fest. Es brauche regelmässigere Kontrollen, wobei zwingend auch unangemeldete Kontrollen möglich sein sollten.

Regierungsrat Neuhaus wehrt sich

Die Verwaltung des Kantons Bern erhält ein schlechtes Zeugnis in diesem Umwelt-Skandal – der zuständige Regierungsrat Christoph Neuhaus von der SVP wehrt sich. Er betont: Schon vor Jahren sei die Aufsicht über die Deponien bewusst verkleinert worden – vom Parlament so gewollt. Und nun fehlten die Ressourcen: «Ich habe keine einzige Person, die sich darum kümmern kann. Wenn man Sparübungen macht, hat das Konsequenzen.»

Da kommt die Geschäftsprüfungs-Kommission zu einem anderen Schluss. Kommissions-Präsident Peter Siegenthaler verweist auf die verschiedene Stellen – auch auf Gemeindeebene – welche durchaus vorhanden sind – und für Kontrollen vorgesehen sind. «Man muss die Ressourcen bündeln und bei den Zuständigkeiten Klarheit schaffen.»

Der Kanton solle nun die Schnittstellen klären – und auch mit der Kiesbranche Lösungen suchen. Tatsächlich kontrolliert sich die Branche zum Teil selber. Unangemeldete Kontrollen sind vorgesehen – nicht aber im Kanton Bern. Darauf verzichtet man schon seit einiger Zeit.

Nachrichten, 10:00 Uhr ; 

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