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«Extreme Konsequenzen» Bürgerliche warnen vor Umweltverantwortungsinitiative

  • Der Nationalrat empfiehlt die Umweltverantwortungsinitiative zur Ablehnung. Das hat er mit 129 zu 60 Stimmen bei zwei Enthaltungen entschieden.
  • Auch einen Antrag einer rot-grünen Minderheit für einen direkten Gegenvorschlag lehnte die grosse Kammer ab.
  • Lanciert wurde die Initiative unter anderem von den Jungen Grünen.

Der Nationalrat will somit keinen neuen Verfassungsartikel, der den Umweltschutz in der Schweiz laut den Initianten zur Priorität machen soll. Damit folgte die grosse Kammer vollumfänglich dem Beschluss des Bundesrats und der Mehrheit der vorberatenden Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Nationalrats (Urek-N).

Diese hatte die Initiative wie auch den direkten Gegenvorschlag im Vorfeld abgelehnt. Die Mehrheit war sich einig, dass die Initiative «extreme wirtschaftliche und gesellschaftliche Konsequenzen nach sich ziehen würde», wie Kommissionssprecherin Monika Rüegger (SVP/OW) sagte.

«Nicht umsetzbar»

Gerade in Anbetracht der starren Umsetzungsfrist von zehn Jahren sei das Anliegen «schlichtweg nicht umsetzbar». Eine Annahme der Initiative hätte grosse wirtschaftliche Wettbewerbsnachteile zur Folge, sagte Christine Bulliard-Marbach (Mitte/FR).

Zudem seien bereits diverse Bestrebungen im Sinne des Anliegens der Initiative am Laufen, unter anderem das CO2-Gesetz, der Energie-Mantelerlass (Stromgesetz) sowie Massnahmen im Bereich der Kreislaufwirtschaft und der Biodiversität.

Stellen Sie sich vor, wir hätten zukünftig das Wohlstandsniveau von Eritrea, Afghanistan oder Ruanda.
Autor: Mike Egger Nationalrat (SVP/SG)

Mike Egger (SVP/SG) warnte ebenfalls vor gravierenden wirtschaftlichen Konsequenzen für die Schweiz. «Stellen Sie sich vor, wir hätten zukünftig das Wohlstandsniveau von Eritrea, Afghanistan oder Ruanda. Dies wäre nämlich die Konsequenz, wenn die Initiative angenommen wird.»

Übernutzung der natürlichen Ressourcen

Eine Minderheit beantragte, die Initiative anzunehmen. Bereits jetzt habe man einen grossen Teil der planetaren Grenzen überschritten, sagte Aline Trede (Grüne/BE). «Momentan ist unser materielles Komfortniveau nur durch die Übernutzung der natürlichen Ressourcen und die Überschreitung unserer Biodiversitätskapazitäten möglich.»

Quelle: Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, 31.05.21 Planetare Grenzen Modell einer nachhaltigen Wirtschaft Veränderung der Landnutzung Veränderung in der Integrität der Biosphäre Veränderung in Süsswasser- systemen Ozonabbau in der Stratosphäre Überladung mit neuartigen Stoffen Zunahme der Aerosolbelastung Veränderung in biochemischen Kreisläufen Ozeanversauerung Klimawandel 1 2 3 4 5 6 7 8 Sicherer Handlungsraum Bereich zunehmenden Risikos Hochrisiko- Bereich Planetare Grenze Hochrisiko- Linie N-Kreislauf P-Kreislauf «Grünes» Wasser «Blaues» Wasser 1 2 3 4 Funktionale Integrität Genetische Vielfalt CO -Konzentration 2 Strahlungsantrieb 5 6 7 8

Dies sei eine unbequeme Wahrheit, die auch dem Bund bekannt sei. Eine intakte Umwelt sei die Grundlage, um überhaupt wirtschaften zu können, lautete das Argument der Kommissionsminderheit. Mit den planetaren Belastungsgrenzen verwende die Initiative ein international anerkanntes wissenschaftliches Instrument.

Wir wissen, dass wir Geld nicht essen, nicht trinken, nicht atmen können.
Autor: Balthasar Glättli Nationalrat (Grüne/ZH)

Balthasar Glättli (Grüne/ZH) wollte nichts wissen von einem «Zwang», sich selbst zu beschränken. Vielmehr sei es ein Ausdruck von Freiheit, sich als Gesellschaft zu einer nachhaltigeren Welt zu bekennen. «Denn wir wissen, dass wir Geld nicht essen, nicht trinken, nicht atmen können.»

SP-Nationalrat Jon Pult unterstützte das Grundanliegen der Initiative ebenfalls. Es sei richtig, sich in der Verfassung zu einem nachhaltigen Wirtschaften zu bekennen. Die SP machte sich für einen Gegenvorschlag ohne verbindliche Fristen stark. Dieser wurde aber vom Nationalrat ebenfalls abgelehnt.

Veto auch vom Bundesrat

Umweltminister Albert Rösti sprach sich im Namen des Bundesrats gegen die Initiative aus. Diese stelle soziale und ökologische Forderungen auf, ohne aber die ökonomische Dimension der Nachhaltigkeit zu berücksichtigen. «Ohne diese ist unser Leben aber gar nicht möglich – damit bestrafen wir uns selber.»

Über die Volksinitiative wird als nächstes im Ständerat debattiert.

Echo der Zeit, 03.06.2024, 18 Uhr ; 

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