Für Simon Schanz ist es ein Morgenritual – das Scrollen durch die gängigen Immobilienplattformen. Er setzt sich an den Stubentisch, klappt den Laptop auf und präzisiert seine Suche: Ein Haus mit mindestens viereinhalb Zimmer, Umkreis Zürich, Kaufpreis: 850'000 Franken.
Oft klappt er seinen Laptop ohne Erfolg wieder zu: «Manchmal kommen wochenlang keine neuen Objekte auf den Markt, die für uns in Frage kommen», erzählt er. Zusammen mit seiner Frau Natascha will der Primarlehrer und angehende Heilpädagoge ein Haus kaufen.
Ist dann doch mal etwas online, meldet Simon sofort Interesse beim Makler oder Verkäufer an. «Du musst schnell sein, sonst kriegst du nicht mal einen Besichtigungstermin.» Die Termine seien meist innerhalb weniger Stunden ausgebucht.
Noch nie so hohe Preise
Die Lage am Immobilienmarkt passt zu den Erzählungen des Paares. Seit Beginn der Pandemie erreichen die Preise für Häuser und Stockwerkeigentum fast jeden Monat neue Höchststände.
Laut der Raiffeisenbank haben die Preise für Häuser zwischen Ende März und Ende Juni um 2.1 Prozent zugelegt und die Preise für Stockwerkeigentum sogar um 2.4 Prozent. Im Vorjahresvergleich stiegen die Preise für Häuser damit sogar um 6 Prozent, für Wohnungen um 5 Prozent. Das sind auch im historischen Vergleich sehr starke Anstiege.
Dass die Preisdynamik während Corona – weil viele Menschen sich nach mehr Platz und Garten sehnen – zugenommen hat, fällt auch Simon und Natascha auf. Sie suchen seit Mitte 2019. Die Verkäufer diktierten, sagt der 36-Jährige. Es gäbe Objekte, die immer wieder aufpoppten – jedes Mal zu einem höheren Preis. Die Verkäufer merkten offenbar, dass sie mehr verlangen könnten.
«Man kann gar nicht so schnell sparen, wie die Preise steigen», sagt Simon merklich deprimiert. Inzwischen hätten sie ihren Suchradius deshalb vergrössert, erzählt Natascha. «Auf dem Land kriegen wir mehr fürs Geld». Das stimmt: Es gibt kein teureres Pflaster als rundum Zürich, Zug, Basel und Genf. Ein Quadratmeter Land kostet in diesen Gebieten laut Raiffeisenbank bis zu 2000 Franken.
Man kann gar nicht so schnell sparen, wie die Preise steigen.
Für die Region Zürich ist das Budget von Simon und Natascha relativ klein. Sie wollten es trotzdem probieren, sagen die beiden. Sie wollten es alleine schaffen – ohne Geld von ihren Eltern. In vielen Fällen klappt ein Haus- oder Wohnungskauf wegen der hohen Preise aber nur noch, wenn Eltern mithelfen, erzählen verschiedene Makler.
Die steigenden Immobilienpreise waren auch Thema in der eben zu Ende gegangenen Herbstsession. Der Nationalrat will die Hürden für ausländische Investitionen auf dem Schweizer Immobilienmarkt erhöhen. Er hat am Montagabend eine Motion angenommen, die den Bundesrat beauftragt, eine Vorlage aus dem 2017 wieder aus der Schublade zu holen.
Die angedachten Verschärfungen stiessen 2017 auf Kritik – vor allem bei Interessensverbänden aus dem Immobilienbereich wie zum Beispiel dem Hauseigentümerverband. Die Verschärfung sei unsinnig und schikanös, schade dem Wirtschaftsstandort Schweiz und schrecke dringend benötigte ausländische Fachkräfte ab, argumentierte der Hauseigentümerverband damals.
Aber auch in linken und grünen Kreisen stiess der Vorschlag auf Kritik. Zwar begrüssten diese den Vorschlag grundsätzlich, aber auch sie waren nicht mit allen Vorschlägen des Bundesrats einverstanden. Der Vorwurf: Die Verschärfung führe zu unnötiger Bürokratie.
«Verschärfung der Lex Koller ändert nichts»
Selbst wenn die Lex Koller verschärft würde: Francis Schwartz, Immobilienanalyst bei der Raiffeisenbank, glaubt nicht, dass sich auf dem Immobilienmarkt etwas ändert. «Der alles dominierende Hauptgrund für die Immobilien- und Baulandpreisentwicklung sind die tiefen Zinsen sowie die expansive Geldpolitik der Notenbanken», so Schwartz.
Wegen des Anlagenotstands fliesse von Seite Pensionskassen und anderer institutioneller Anleger nach wie vor viel Kapital in den Markt, so Schwartz. Diese Investoren seien zum grössten Teil inländische Nachfrager, sagt er.
Die Treiber der Preise seien von einer Verschärfung der Lex Koller also nicht betroffen, so Schwartz. «Und auch im Eigenheimmarkt wird die Nachfrage vor allem durch inländische Selbstnutzer getrieben und nicht durch ausländische Spekulanten», erklärt der Immobilienanalyst.
Einen Effekt sieht Schwartz am ehesten bei den strengeren Regeln für ausländische Beteiligungen an Immobiliengesellschaften. «Das könnte kurzfristig etwas den Druck aus dem Markt nehmen.» Mittelfristig würden aber auch hier inländische Investoren in die Bresche springen, weil Investitionen in Renditeliegenschaften attraktiv seien, so Schwartz.
Preise sinken wohl nicht
Das Problem sei zudem, dass die Projektpipeline immer dünner werde. «Die Baugesuche für Stockwerkeigentum gehen zurück und diejenigen für Einfamilienhäuser sind auf sehr tiefem Niveau stabil», so Schwartz. Solange Bauland knapp und begehrt bleibe, werde sich der Preistrend nicht umkehren.
Das sind sich auch Simon und Natascha Schanz bewusst. «Manchmal denke ich schon, dass der Traum vom eigenen Haus für junge Familien ohne viel Vermögen vielleicht gar nicht mehr in Erfüllung gehen kann», sagt Simon. Die Hoffnung wollten sie aber trotzdem nicht aufgeben.
Wohneigentum ist immer mehr nur noch den Reichen und Alten vorbehalten. Das schreibt sogar das Bundesamt für Wohnungswesen in einem Bericht. Immerhin: Auch Luxusobjekte werden teurer.
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