Das Neugeborene braucht Betreuung rund um die Uhr, die Zeit nach der Geburt eines Kindes verlangt Eltern viel ab. Deshalb sollen während der ersten Monate beide Elternteile Zeit für die Kinderbetreuung haben, fordert eine Allianz aus Grünen, GLP, Travaille Suisse, Alliance F und den Mitte-Frauen.
Ihre Familienzeit-Initiative verlangt je 18 Wochen Elternzeit für Mütter und Väter. Von Feministinnen gibt es aber auch Kritik: Eine gleichmässige Verteilung der Elternzeit sei nicht fair, weil die Frau die Lasten der Schwangerschaft und Geburt trage.
Nicht glücklich über das Modell ist etwa Grünen-Nationalrätin Katharina Prelicz-Huber. Sie kann den Gedanken einer Aufteilung der Elternzeit zu gleichen Teilen zwar nachvollziehen. Denn auch sie hält es für erstrebenswert, dass sich Väter und Mütter zu gleichen Teilen an der Erziehung beteiligen.
Aber: «Eine Geburt und je nachdem auch eine Schwangerschaft sind keine lockere Sache. Deshalb heisst auch vonseiten der Medizin, dass sich die gebärende Person acht Wochen schonen muss. Denn sie war verletzt.» Dies werde bei der Initiative nicht berücksichtigt.
Wider das gesellschaftliche Tabu
Für Katharina Prelicz-Huber ist das ein Problem, denn die Belastungen einer Schwangerschaft und einer Geburt – auch Traumata, die dadurch ausgelöst werden können – seien immer noch ein gesellschaftliches Tabu: «Die Frau soll eine lockere Schwangerschaftszeit haben und sich freuen», laute die Erwartung der Gesellschaft. «Und die Geburt ist demnach ein reines Geschenk.»
Mit dem Status quo – 14 Wochen Mutterschafts- und zwei Wochen Vaterschaftsurlaub – ist auch Prelicz-Huber nicht zufrieden. Sie hätte sich aber gewünscht, dass bei der Familienzeit-Initiative die acht Wochen Genesungszeit bei Müttern zu den 18 Wochen Mutterschaftsurlaub dazukommen und nicht eingerechnet werden.
Initiative soll «realpolitisch Chancen» haben
An der Ausarbeitung der Initiative beteiligt war Grünen-Nationalrätin Florence Brenzikofer. Sie betont, dass man bewusst eine mehrheitsfähige Lösung gesucht habe: «Das Ziel unserer Allianz war, die Initiative breit aufzustellen, damit sie realpolitisch auch Chancen hat.» Und schliesslich seien jeweils 18 Wochen für beide Elternteile ein deutlicher Fortschritt gegenüber der heutigen Regelung.
Zum Schluss war die Zustimmung bei der Basis der Grünen denn auch deutlich. Auch wenn es vereinzelt Gegenstimmen und Enthaltungen gab. Umstrittener ist das Modell bei der SP – über ein Viertel der Delegierten hat sich der Stimme enthalten bei der Frage, ob die Familienzeitinitaitive unterstützt werden soll.
Bei den SP-Frauen steht der Entscheid darüber, ob sie die Initiative mittragen wollen, noch aus. SP-Nationalrätin Sarah Wyss stellt sich zwar hinter die Initiative. Doch auch sie hat Verständnis für die Kritik und hofft, dass sie im Parlament bei der Ausarbeitung eines Gegenvorschlags berücksichtigt wird.
Es würden schliesslich ganz unterschiedliche Modelle diskutiert, wie eine Elternzeit ausgestaltet werden könne, sagt Wyss. «Im Rahmen der Behandlung der Initiative im Parlament müssen die Vor- und Nachteile dieser Modelle diskutiert werden. Vielleicht findet sich dann auch eine Lösung, die den Bedürfnissen gerechter wird.»