Bereits vor vier Jahren deckte «Kassensturz» die schlechten Arbeitsbedingungen bei DPD auf. Der grösste private Kurierdienst der Schweiz hat den Transportdienst ausgelagert an Subunternehmen. Doch DPD schreibt alles vor. Vor allem den Tagesablauf. DPD weiss genau, wo wann welches Paket geliefert wird. Die Kurierfahrer unterliegen einer absoluten Kontrolle und stehen enorm unter Druck.
Wegen Corona haben sich Arbeitsbedingungen weiter verschlechtert
Gebessert hat sich nichts. Im Gegenteil: Dank der Coronakrise kann DPD massiv mehr Pakete ausliefern. Die Folgen: Noch mehr Druck für die Angestellten. Das erfährt «Kassensturz» bei einem Treffen mit Fahrern. Sie wollen anonym bleiben, weil sie um ihren Job fürchten.
Was da ans Tageslicht kommt, ist erschreckend: Die Fahrerinnen und Fahrer arbeiten 12 bis 14 Stunden – am Stück: «Wir haben keine Mittagspause. Wir haben überhaupt keine Pausen, wenn es dumm läuft; und es läuft meistens dumm», erzählt ein Betroffener. Das geht an die Substanz. Ein anderer Kurier erzählt: «Wir sind übermüdet und müssen ständig zu schnell fahren, damit wir durchkommen. Das birgt Gefahren für uns und andere.» Einschlafen am Steuer, das passiere praktisch täglich.
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Bis zu 20 Gratis-Arbeitsstunden pro Woche
Die Überstunden häufen sich. Doch: Es gibt keine Überstunden. Laut Unia erfasse kein einziges Subunternehmen die Arbeitszeit. In den letzten Monaten häuften die Fahrer*innen im Schnitt 20 Überstunden pro Woche an – gratis. Für Roman Künzler von der Unia ein unhaltbarer Zustand: «Das ist einer der grossen Missstände, welcher man antreffen kann. Es ist eine generalisierte Ausbeutung von Arbeitskräften, die bis zu vier Stunden gratis arbeiten, für einen multinationalen Konzern, der auch noch Corona-Gewinner ist.»
DPD-Angestellte verlangen Verhandlungen
Damit solle jetzt Schluss sein. Fahrer und Depot-Angestellte haben sich organisiert. Zusammen mit der Gewerkschaft Unia fordern sie von DPD Verhandlungen zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen. Das teilt Unia heute an einer Medienkonferenz mit. Was die DPD-Fahrer*innen wollen, ist nicht viel: abgemachte Arbeitszeiten und bezahlte Überstunden. Doch bisher blockte DPD ab.
«Kassensturz» konfrontiert DPD erneut mit den Missständen. Der Paketlieferdienst will sich nicht vor der Kamera äussern. In einer schriftlichen Stellungnahme schiebt er die Verantwortung auf die Subunternehmen: «Die Fahrerinnen und Fahrer sind Angestellte der Vertragspartner und diese sind für die Einhaltung der Arbeitszeiten und der Pausen verantwortlich. DPD sind keine konkreten Fälle von entsprechenden Verstössen bekannt.» Weiter heisst es: «UNIA hat uns gegenüber bisher nur pauschale Vorwürfe ohne Evidenz angebracht. Wir können erst reagieren, wenn uns von UNIA konkrete und belegte Sachverhalte vorgelegt werden. (…) Unsere Vertragspartner sind vertraglich verpflichtet, die Arbeitsbedingungen gemäss GAV KEP&Mail einzuhalten. Bei Verdacht, dass dies nicht eingehalten wird, kontrollieren wir dies und trennen uns bei Zuwiderhandlungen vom Vertragspartner.»
Das sagt DPD dazu:
Da macht es sich DPD etwas sehr einfach. Schliesslich besitzt Unia Unterlagen und kann von hunderten Kurierfahrern die Überzeiten belegen. Letztere machen das mit Sicherheit nicht mehr lange mit: «In meinen Augen ist das moderne Sklaverei, so geht es nicht mehr weiter», meint ein Fahrer im Gespräch mit «Kassensturz».