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Unterbringung Asylsuchende Gemeinden warnen vor Kollaps beim Asylsystem

Die Präsidentin des Schweizerischen Gemeindeverbands schlägt wegen der angespannten Asylsituation Alarm.

Claudia Kratochvil, die Direktorin des Schweizerischen Gemeindeverbands, hat vor einem drohenden Kollaps des Asylsystems gewarnt. In einem Interview mit der «NZZ am Sonntag» betonte sie, die Lage in den Gemeinden sei weiterhin äusserst angespannt. Dabei warnt sie: «Wenn es so weitergeht, dann droht ein Kollaps des Schweizer Asylsystems.»

Kommt hinzu, dass die Akzeptanz in der Bevölkerung gegenüber den Asylsuchenden schwindet.
Autor: Claudia Kratochvil Präsidentin des Schweizerischen Gemeindeverbands

In einer aktuellen Umfrage des Gemeindeverbands sei herausgekommen, dass beinahe jede dritte Gemeinde die Betreuung von Asylsuchenden als eines ihrer Hauptprobleme wahrnehme. Viele Gemeinden wüssten kaum mehr, wo sie Asylsuchende unterbringen sollen: «Von den Gemeinden angemietete Wohnungen sind oft nur eine temporäre Lösung, man muss ständig weitersuchen.» Die Nutzung von unterirdischen Zivilschutzanlagen sei keine Ausnahme mehr, sondern gängige Praxis. «Kommt hinzu, dass die Akzeptanz in der Bevölkerung gegenüber den Asylsuchenden schwindet», so Kratochvil weiter.

Des Weiteren sei ein Fachkräftemangel spürbar. Es sei schwierig, für die Flüchtlingsbetreuung qualifiziertes Personal zu finden.

Kritik an den Bund

Neun temporäre Asylzentren will der Bund schliessen, dieses Vorgehen stösst bei Kratochvil auf Unverständnis: «Diese Politik des Bundes ist nicht nachvollziehbar. Obwohl die Bundesasylzentren schon im ganzen letzten Jahr nur zu 50 Prozent ausgelastet waren, überweist der Bund weiterhin Menschen an die Kantone und Gemeinden, die ohnehin schon überlastet sind.»

Sie leben in einer Warteschlaufe und blockieren Plätze, die dringend gebraucht würden.
Autor: Claudia Kratochvil Präsidentin des Schweizerischen Gemeindeverbands

Die Direktorin kritisierte zudem den Bundesrat für seine Sparpolitik. Die geplante Kürzung der Integrationspauschale um eine halbe Milliarde Franken pro Jahr sei «nicht stemmbar» und würde massive Auswirkungen auf die Budgets von Gemeinden und Kantonen haben. Bereits jetzt seien die Gemeinden durch den Pendenzenberg von 22'000 unerledigten Asylgesuchen stark belastet. Darunter seien rund 17'000 Menschen, die sich im Asylverfahrensprozess befinden, sowie 5'000 Personen im Prozess um den Schutzstatus S. «Sie leben in einer Warteschlaufe und blockieren Plätze, die dringend gebraucht würden», sagte Kratochvil.

Ein Haus steht neben einigen Bäumen.
Legende: Das Asylzentrum in der Zürcher Gemeinde Adliswil Keystone/Michael Buholzer

Die Direktorin forderte den Bund auf, die Pendenzen rasch abzubauen und Gesuche in den Bundesasylzentren abschliessend zu prüfen. Zudem brauche es dringend mehr Ressourcen, um die Verfahren zu beschleunigen.

Hoffnungsvoll auf eine Besserung stimmt Kratochvil immerhin ein nationaler Asylgipfel. Dieser soll im nächsten Herbst mit allen Staatsebenen stattfinden, damit könne mehr Effizienz zwischen Bund, Kantonen und Gemeinden geschafft werden.

SRF 4 News, 12.01.2025, 04:00 Uhr ; 

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