Was ist passiert? Der Bund hat angekündigt, neun temporäre Bundesasylzentren (BAZ) mit 1735 Plätzen zuzumachen. Die Schliessung soll bis Ende Januar 2025 erfolgen, wie das Staatssekretariat für Migration (SEM) mitteilt. Dem SEM stünden ab dem 1. März dann noch rund 7000 Plätze für Asyl- und Schutzsuchende zur Verfügung. Die geschlossenen temporären BAZ könnten bei Bedarf wiedereröffnet werden. Von den Schliessungen sind gegen 200 Mitarbeitende betroffen. Wie viele von ihnen weiterbeschäftigt oder für andere Aufgaben eingesetzt werden können, wird vom SEM derzeit geprüft.
Wie begründet das SEM seinen Entscheid? Die Asylgesuchzahlen im Herbst seien tiefer als erwartet ausgefallen, schreibt das SEM. Im August seien 23 Prozent weniger Gesuche eingereicht worden als im Vorjahr, im September gar 40 Prozent weniger. Zudem deute die Situation auf den Migrationsrouten in Richtung Westeuropa nicht auf einen sprunghaften Anstieg in den nächsten Monaten hin, heisst es weiter. Aktuell sei nur gerade jeder zweite Platz in einem Bundesasylzentrum belegt, sagt SEM-Sprecher Samuel Wyss. Die Auslastung sei so tief, dass man jetzt Zentren schliessen könne. Das SEM rechnet damit, so rund 40 Millionen Franken pro Jahr einzusparen.
Asylsystem am Anschlag? Nationalrat und SVP-Asylchef Pascal Schmid ist «sehr erstaunt» über den Entscheid. «Die Zahlen im Asylsystem sind 2024 im Vergleich zum Vorjahr genau gleich hoch. Und es werden immer mehr.» Tatsächlich rechnet das SEM auch in diesem Jahr mit ähnlich vielen Asylgesuchen wie 2023, rund 30'000. Schmid befürchtet, dass die Belastungen für Kantone und Gemeinden durch den Abbau beim Bund steigen könnten. Auch FDP-Präsident Thierry Burkart sagte jüngst, Kantone und Gemeinden seien bei der Betreuung am Anschlag. Wie geht das also zusammen mit der Entlastung beim Bund? SP-Nationalrätin Nina Schläfli: «Sie reden gerne ein Asylchaos herbei. Diese tiefen Zahlen, aber auch der Rückgang an Gesuchen, widersprechen dem diametral.» Aus den Kantonen heisst es: Die Belastungen bleiben weiterhin hoch.
Warum kommen weniger Asylsuchende? Denise Efionayi-Mäder ist Migrationsforscherin an der Universität Neuchâtel. Sie sagt, der Grund für die Abnahme der Asylgesuchzahlen in der Schweiz sei die restriktivere Politik in Europa und Nordafrika. Flüchtlingsbewegungen auf der mittleren Mittelmeerroute, worüber die meisten Geflüchteten in die Schweiz kommen, seien weitgehend blockiert. Viele Länder hätten ihre Grenzen geschlossen oder setzten vermehrt auf Abschreckung. SEM-Sprecher Wyss pflichtet dem bei: «Wir sehen, dass die Migration nach Europa und die Weiterwanderung innerhalb Europas in diesem Jahr geringer ist als in den beiden letzten Jahren.»
Sind geflüchtete Personen aus der Ukraine auch in den BAZ untergebracht? Nur wenige Tage, heisst es auf einer Webseite des Bundes. Zwar erfolgt die Registrierung der geflüchteten Ukrainerinnen und Ukrainer mit Schutzstatus S in einem BAZ. Anschliessend erfolgt allerdings eine Zuweisung in einen Kanton, der fortan vom Bund die Verantwortung für die Geflüchteten übernimmt.