Wer keine Chance auf Asyl hat, soll kein Asylgesuch in der Schweiz stellen: Sieben Wochen war Justizminister Beat Jans im Amt, als er beim Besuch des Bundesasylzentrums in Chiasso bekannt gab, die Asylschraube anziehen zu wollen. Jans kündigte die Ausweitung des 24-Stunden-Verfahrens an. Dieses sieht vor, dass Asylsuchende aus Staaten wie Algerien, Marokko oder Tunesien innert 24 Stunden einen Asylentscheid erhalten.
Getestet wird dieses Verfahren seit November im Bundesasylzentrum Zürich – mit deutlichen Ergebnissen. Vor Einführung des Schnellverfahrens meldeten sich jedes Wochenende rund 40 Personen aus nordwestafrikanischen Staaten in dem Bundesasylzentrum.
In den letzten Wochen kamen sehr viel weniger Personen aus Maghreb-Staaten, die in Zürich ein Asylgesuch stellen wollen.
Seit vergangenem Herbst habe sich die Situation völlig verändert, sagt Daniel Bach, Mediensprecher des Staatssekretariates für Migration (SEM). «In den letzten Wochen kamen viel weniger Personen aus Maghreb-Staaten, die in Zürich ein Asylgesuch einreichen wollten. Vorletztes Wochenende meldeten sich vier Personen, letztes Wochenende nur noch eine.»
Entsprechend ging die Zahl der Asylsuchenden aus Maghreb-Staaten in der Asylregion Zürich seit der Einführung des 24-Stunden-Verfahrens um 70.7 Prozent zurück. Auch in den anderen Asylregionen sanken die Zahl der Asylsuchenden aus nordwestafrikanischen Ländern seit November um 40.8 Prozent – obwohl dort das neue Verfahren noch nicht angewendet wird.
Der Bund führt die sinkenden Zahlen auf die abschreckende Wirkung des Schnellverfahrens zurück, denn: Normalerweise reichen im Winter mehr Menschen ein Asylgesuch ein. So nahm die Zahl der Asylsuchenden in den Bundesasylzentren von November 2022 bis Februar 2023 um 40 Prozent zu.
Für Bach ist klar: Der derzeitige markante Rückgang der Asylsuchenden habe viel mit dem 24-Stunden-Verfahren zu tun. «Es spricht sich herum, dass Verfahren für Personen aus Maghreb-Staaten nun schneller abgewickelt werden. Dadurch wird es weniger attraktiv, hierherzukommen.»
Flüchtlingshilfe zweifelt an abschreckender Wirkung
Die Schweizerische Flüchtlingshilfe sieht das Schnellverfahren kritisch. Je schneller das Verfahren, desto grösser sei die Gefahr von Fehlentscheiden, betont Direktorin Miriam Behrens. Zudem bezweifelt sie, dass sich bereits eine derart grosse abschreckende Wirkung zeigt: «Wir gehen davon aus, dass die Zahl der Asylgesuche auch aufgrund saisonaler Schwankungen abgenommen hat. Das sehen wir auch bei Personen aus anderen Herkunftsländern.»
Erst im Verlauf der Sommermonate werde sich zeigen, ob das 24-Stunden-Verfahren wirklich die vom Bund erhoffte Wirkung hat. Behrens weist auf die Problematik des neuen Mechanismus hin. «Das Asylverfahren soll diejenigen Personen schützen, die schutzberechtigt sind. Da bringt es nichts, wenn weniger Asylsuchende kommen – es müssen diejenigen kommen, die schutzberechtigt sind.»
Rückenwind für Jans' Asylpläne
Bis Ende April soll das 24-Stunden-Verfahren für Menschen, die kaum Aussicht auf Asyl haben, auf alle Bundesasylzentren mit Verfahrensfunktion ausgeweitet werden. Neben Zürich betrifft dies Bern, Boudry NE, Altstätten SG, Chiasso und Basel.
Die gesunkene Zahl der Asylsuchenden dürfte Bundesrat Beat Jans in diesen Plänen bestärken. Denn das Timing für die Erfolgsmeldung stimmt: Am Dienstag zieht der Justizminister vor den Medien Bilanz über seine ersten 100 Tage im Amt.