Trotz Kälte und Corona prägen Bettler aus Osteuropa nach wie vor das Stadtbild in Basel. Dieses Bild soll jedoch schon bald der Vergangenheit angehören, findet die Politik. Im Herbst hat der Basler Grosse Rat deshalb entschieden, dass Bettelverbot, das erst diesen Sommer abgeschafft wurde, wieder einzuführen.
Der Ball liegt derzeit beim Basler Justiz- und Sicherheitsdepartement, das einen Vorschlag für eine entsprechende Gesetzesänderung ausschaffen muss.
Nun sorgt jedoch ein Urteil des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte EGMR in der Basler Politik für Aufregung. Der EGMR hat im Fall einer Bettlerin aus Genf entschieden, dass nicht jede Form des Bettelns strafbar ist. Die Frau sass, weil sie ihre Busse nicht bezahlen konnte, fünf Tage in Haft.
Für Markus Schefer, Professor für Staats- und Verwaltungsrecht an der Universität Basel, ist klar: «Ein allgemeines, unqualifiziertes Bettelverbot ist mit diesem Urteil nicht zulässig.» Strassburger Gerichtsurteile seien auch für die Schweiz bindend. Die Urteile des EGMR seien nicht bloss eine Empfehlung, hält Schefer fest und ergänzt: «Betteln ist eine vom Grundrecht geschützte Tätigkeit.»
Betteln ist eine vom Grundrecht geschützte Tätigkeit.
Ist die Wiedereinführung des Bettelverbots in Basel-Stadt nach dem Urteil aus Strassburg auf der Kippe? Darüber gehen die Meinungen in der Politik auseinander.
Während die Basler SP sich weiterhin gegen ein grundsätzliches Bettelverbot ausspricht und sich vom Urteil bestätigt fühlt, findet SVP-Grossrat Joël Thüring, die Wiedereinführung eines Bettelverbots sei nach wie vor möglich und auch dringend nötig: «Das Gericht hat nicht gesagt, dass ein Bettelverbot nicht möglich ist.» Das Basler Parlament und die Basler Bevölkerung stehe hinter einem Verbot und er sei überzeugt, dass man eine Lösung finde.
Auch Markus Schefer betont, das Urteil aus Strassburg lasse ein Verbot weiterhin zu. Aber: «Für eine Einschränkung der Betteltätigkeit braucht es besonders gute Gründe.» Man könne zum Beispiel Einschränkungen für aggressives oder stark störendes Betteln erlassen, so Schäfer.
Beim zuständigen Basler Justiz- und Sicherheitsdepartement will man sich zu den möglichen Folgen für die anstehende Gesetzesrevision derzeit nicht äussern. Man prüfe das Urteil und werde sich zu einem späteren Zeitpunkt dazu Stellung nehmen, heisst es auf Anfrage.
Wir werden weiterhin Bussen verteilen.
Derweil will der Genfer Sicherheitsdirektor Mauro Poggia (MCG) trotz Rüffel aus Strassburg am Bettelverbot in der Rhonestadt festhalten und macht klar: «Wir werden weiterhin Bussen verteilen. Klar werden wir bei Befragungen die persönliche Situation der Betroffenen berücksichtigen», sagt Poggia.
Offen ist, wie die übrigen 13 Kantone, die ein Bettelverbot kennen, mit der neuen Situation umgehen. In Basel-Stadt geht die Diskussion in eine neue Runde.