Es ist eine Liste, die es in sich hat – zumindest für diejenigen, die sich auf ihr befinden: die Sanktionsliste des amerikanischen Finanzministeriums. Am Montag wurde bekannt, dass die USA auch sechs Schweizerinnen und Schweizer sanktionieren.
Unter ihnen ist beispielsweise der bekannte Luzerner Treuhänder Alexander Studhalter. Er soll für den russischen Oligarchen Suleiman Kerimov tätig gewesen sein. Notabene zu einer Zeit, wo es noch keine Sanktionen gegen diesen gab.
Die USA verstehen ihre Sanktionsliste als Warnung für die, die unter Verdacht stehen, mit der russischen Machtelite Geschäfte gemacht zu haben. Für Personen auf der Liste hat dies weitreichende Konsequenzen.
Es geht in erster Linie darum, jemanden zu isolieren, und zwar wirtschaftlich.
«Diese Sanktionslisten sind nicht juristische Werkzeuge, sondern politische», sagt Peter V. Kunz, Professor für Wirtschaftsrecht an der Universität Bern. «Es geht in erster Linie darum, jemanden zu isolieren, und zwar wirtschaftlich. Personen auf den Sanktionslisten werden an den Pranger gestellt.»
Die Frage der Rechtsstaatlichkeit
Eine solche Sanktionsliste sei jedoch rechtsstaatlich bedenklich, sagt Kunz. Es müsse nicht mal bewiesen sein, dass sich jemand straffällig verhalten habe. «Die Möglichkeit, sich dagegen zu wehren, sind eigentlich inexistent.»
Man könne von heute auf morgen plötzlich ohne ein Verfahren oder eine Anhörung auf so eine Liste kommen. «Es gibt kein faires Verfahren, um auf diese Liste zu kommen – und auch kein Verfahren, um wieder davon wegzukommen», so Kunz. Zudem sei es problematisch, dass ein Verhalten beurteilt werde, das lange zurückliege und in der damaligen Zeit durchaus legal gewesen sei.
Die Frage der Rechtswirkung
Für das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) ist der Fall klar. Es schreibt gegenüber SRF: «Sanktionen der USA entfalten in der Schweiz keine Rechtswirkung.» Gemäss dem Embargogesetz könne nur der Bund Zwangsmassnahmen erlassen, um Sanktionen durchzusetzen, die von der UNO, der OSZE oder den wichtigsten Handelspartnern der Schweiz erlassen wurden und die der Einhaltung des Völkerrechts dienen.
Auch beim Schweizerischen Treuhandverband beschwichtigt man: Es gehe kein Zittern durch die Treuhandszene, weil einzelne Exponenten nun auf der Sanktionsliste der USA wären. «Das wäre absolut unbegründet», sagt die Geschäftsführerin Vanessa Jenni.
In der Schweiz bestehe eine absolut klare gesetzliche Grundlage: «Man muss stets nachvollziehen können, wo die Gelder herkommen und dies nach den Vorgaben prüfen sowie nachweisen können», sagt Jenni.
Für Wirtschaftsrechts-Professor Peter V. Kunz sind die sechs Schweizerinnen und Schweizer auf der Sanktionsliste allerdings erst der Anfang: «Ich rechne damit, dass weitere Schweizer betroffen sein werden, wenn der Konflikt zwischen Russland und der Ukraine andauert.»
Vor diesem Hintergrund sei es zu erwarten, dass beispielsweise auch Schweizer Unternehmen, bei denen russische Oligarchen Beteiligungen haben, betroffen sein werden. «Das Ende dieser Sanktionspolitik der USA mit Auswirkungen in der Schweiz, das ist nicht absehbar», meint Kunz.