Führen mit Auftrag. So lautet das Führungsprinzip der Armee. Das Ziel wird vom Kommandanten vorgegeben. In der Umsetzung hat der Soldat Spielraum. Führen mit Auftrag. Beim Lesen des Berichts der Studienkommission Sicherheitspolitik erhält man den Eindruck, dass auch die Kommission nach diesem Prinzip geleitet wurde.
Empfehlungen im Sinne Amherds
Grossmehrheitlich empfiehlt nämlich der Bericht genau die Massnahmen, die der VBS -Chefin Viola Amherd und der Armeeführung erlauben, ihre militärpolitischen Ziele zu legitimieren:
- Die Schweiz soll eine enge Verteidigungs-Kooperation mit der Nato und den EU-Militärstrukturen eingehen.
- Das Armeebudget soll auf ein Prozent des BIP bis 2030 erhöht werden.
- Weniger Restriktionen bei Rüstungsexporten.
- Die Neutralität soll flexibler ausgestaltet werden.
Der Bericht zeichnet ein düsteres Bild der Lage der Schweiz. Das Land befände sich bereits in einem hybriden Krieg.
Doch wie lautete eigentlich der Auftrag der Kommission? Sie soll «Impulse» geben für die «grundsätzliche Ausrichtung» der Schweizer Sicherheitspolitik, die im Inland breit abgestützt und im Ausland geachtet ist.
Enge Definition von Sicherheitspolitik
Was schnell auffällt beim Lesen des Berichtes: Die Studienkommission hat eine sehr enge Definition von Sicherheitspolitik und ihren Instrumenten gewählt: Im Zentrum steht über weite Strecken die militärische Landesverteidigung. Die Instrumente sind hauptsächlich Armee, Zivilschutz, Nachrichtendienst, Rüstungspolitik und wirtschaftliche Landesversorgung.
Von der zivilen Friedensförderung, Konfliktprävention und der Entwicklungszusammenarbeit im Aussendepartement ist nur am Rande die Rede. Die Studiengruppe hätte zum Beispiel eine konkrete Erhöhung des Budgets für die Entwicklungshilfe einfordern können – so wie bei der Armee. Wenn Entwicklungsländer immer mehr von Russland und China umgarnt werden, bekommt die Entwicklungshilfe auch eine geopolitische Komponente (wie im Kalten Krieg).
Umgang mit China ungeklärt
China sowieso: Soll die Schweiz ein Freihandelsabkommen mit China weiterentwickeln, wenn gleichzeitig ein Krieg zwischen China und den USA um Taiwan droht? Auf welcher Seite steht dann die Schweiz? Das wäre Stoff für Diskussionen in der Studienkommission gewesen.
Wer hingegen faktisch die Abschaffung des Zivildienstes fordert, muss sich den Vorwurf gefallen lassen, Parteiinteressen zu verfolgen und den strategischen Blick verloren zu haben. Auch Überlegungen zu Klimawandel, Pandemie, Migration, Terrorismus, Geldwäscherei und organisierter Kriminalität kommen im Bericht nur kurz vor. Das wären alles relevante sicherheitspolitische Themen, wie die Kommission selbst eingesteht.
Zusammensetzung umstritten
Ein Grund für die enge Sichtweise auf die Sicherheitspolitik mag in der Arbeitsmethodik und der Zusammensetzung der Studienkommission liegen.
Eine Mehrheit der Kommission tendiert politisch zur bürgerlichen Mitte und zur FDP. Über Themen und Vorschläge wurde dauernd abgestimmt. Darum wurden Anträge von Links, von der SVP, aber auch von den Fachleuten in die Minderheit «gevotet». Oder sie kamen gar nicht erst prominent in den Bericht.
Kein Konsens
Die Folge ist: Der Bericht wird im VBS, in der Armeeführung, bei Mitte und FDP Anklang finden. Aber eine grundsätzliche Klärung und ein minimaler Konsens in der Schweizer Sicherheitspolitik kommt so nicht zustande, was die Schweiz eigentlich bräuchte.