Sollen Kinder und Jugendliche zwischen 12 und 16 Jahren beim Velofahren einen Helm tragen müssen? Diesen Vorschlag macht der Bundesrat im Rahmen der Revision des Strassenverkehrsrechts. Grund: Die Zahl der schweren Verkehrsunfälle hat bei jugendlichen Velofahrerinnen und -fahrern in jüngster Vergangenheit zugenommen. Voraussichtlich in der Frühjahrssession beschäftigt sich der Nationalrat mit dem Thema.
Nun gehen die Städte Basel, Bern, Winterthur und Zürich in die Offensive. Sie lehnen eine solche Tragpflicht ab, wie es in einer gemeinsamen Medienmitteilung heisst. «Wir sind der Meinung, dies ist die falsche Massnahme», sagt stellvertretend Wernher Brucks, Leiter Verkehrssicherheit bei der Stadt Zürich. Es sei zwar klar, dass ein Helm Velofahrende bei einem Sturz vor schweren Kopfverletzungen schützen könne. Eine Helmpflicht sende jedoch ein falsches Zeichen aus, nämlich, dass es in den Städten gefährlich sei, Velo zu fahren. Die Städte wollten vielmehr in die Sicherheit der Strassen investieren, um zu zeigen, dass man auch ohne Helm sicher auf dem Velo unterwegs sein kann.
Wir sind der Meinung, dies ist die falsche Massnahme.
Brucks gibt aber auch zu, dass es für die Behörden schwierig sei, eine solche Pflicht durchzusetzen. «Ich möchte mir nicht vorstellen, dass Polizisten Kinder büssen müssen, nur weil sie mal keinen Helm tragen.» Trotz des Neins zu einem Obligatorium empfehlen die Behörden der Städte Basel, Bern, Winterthur und Zürich, jedem und jeder auf dem Velo einen Helm zu tragen und setzen auf Freiwilligkeit. Gerade auf den Skipisten, wo heute praktisch alle einen Helm tragen, zeige sich, dass dies auch funktioniert. «Diesen Effekt kann man auch beim Velofahren erreichen», ist Brucks überzeugt.
Unterstützung erhalten die Städte derweil von der Organisation Pro Velo Schweiz. Diese befürchtet, dass eine Helmpflicht auch abschreckend wirke und in der Folge weniger Menschen Velofahren. Auch bezweifelt Pro Velo, dass mit einer Helmpflicht die Unfallzahlen bei Jugendlichen gesenkt werden können.
Ein Viertel der Kinder fährt ohne Helm
Für eine Helmpflicht bei Jugendlichen und Kindern bis 16 Jahren setzt sich dagegen die Beratungsstelle für Unfallverhütung BFU ein. Junge Menschen hätten nicht nur ein besonders hohes Unfallrisiko, sie seien auch besonders anfällig für Kopfverletzungen, heisst es auf Anfrage bei der BFU.
Erfahrungen hätten zudem gezeigt, dass man nicht auf Freiwilligkeit setzen könne, wie sich die Städte dies wünschen: «In den vergangenen Jahren konnte die Velohelm-Tragquote bei Kindern in der Schweiz dank Sensibilisierungskampagnen und Aktionen zwar gesteigert werden. Trotz dieser positiven Entwicklung fährt aber ein Viertel der Kinder ohne Helm.» Die BFU ist überzeugt, dass die Helmpflicht von der breiten Bevölkerung unterstützt wird. 90 Prozent hätten sich in repräsentativen Umfragen dafür ausgesprochen.
Als nächstes beschäftigt sich die zuständige Kommission des Nationalrats mit dem Thema. Dort und in der Debatte, die voraussichtlich in der Frühjahrssession stattfindet, dürfte die Velohelmpflicht viel zu reden geben. Vor zehn Jahren wurde die gleiche Diskussion übrigens schon einmal geführt. Damals lehnte das Parlament die Velohelmpflicht ab.