Über fünf Stunden diskutierte der Nationalrat darüber, ob er dem Ständerat folgen und die Konzernverantwortungsinitiative allein vors Stimmvolk bringen solle. Oder ob er an einem Gegenentwurf festhalten solle.
Dies hatte die Grosse Kammer im letzten Sommer beschlossen – allerdings unter anderen Vorzeichen: Eine Mehrheit der FDP-Fraktion wollte den indirekten Gegenvorschlag neu zurückweisen.
Doch am Ende sprach sich der Rat mit 109 zu 69 Stimmen bei 7 Enthaltungen dagegen aus. Zum Ja verhalfen nicht nur die Stimmen einer freisinnigen Minderheit, sondern auch ein paar Abweichler bei der SVP.
Ständerat könnte alles umkippen
Nun wird sich der Ständerat erneut mit der Frage befassen. Weist er das Geschäft zurück, ist der Gegenvorschlag definitiv vom Tisch.
Auf die Beratung der Details hat der Nationalrat vorerst verzichtet. Sie wird erfolgen, wenn beide Kammern den Gegenvorschlag beschlossen haben.
Das waren die Voten
Grüne: Die Schweiz darf laut Sibel Arslan (BS) bei Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörungen durch Schweizer Firmen im Ausland nicht länger wegschauen. Es brauche klare Regeln. Die Grünen unterstützen deshalb die Initiative, die in der Bevölkerung grosse Sympathien und an der Urne Chancen habe.
SP: Matthias Aebischer (BE) warnte, dass man ohne Gegenvorschlag einen gehässigen Abstimmungskampf riskiere – mit breiten Teilen der Bevölkerung auf der einen Seite und den Grosskonzernen auf der anderen. Der Kompromiss sei ein gangbarer Weg, deshalb stehe die SP klar hinter einem Gegenvorschlag – aber auch der Initiative.
CVP: Die CVP erwarte, dass hier ansässige Firmen ihre soziale und ökologische Verantwortung weltweit wahrnehmen, sagte Andrea Gmür-Schönenberger (LU). Die Initiative lehne man ab, da sie zu extrem sei. Einen Gegenvorschlag will die CVP unterstützen, wenn er wirtschaftsfreundlich sei und zum Rückzug der Initiative führe.
GLP: Die Schweiz – ein Land, das von der Globalisierung am meisten profitiert habe und im Rohstoffhandel ein Big Player sei – müsse und könne Verantwortung übernehmen, sagte Beat Flach (AG). Die Initiative gehe der GLP aber zu weit, darum unterstützt sie den indirekten Gegenvorschlag.
BDP: Die BDP hat laut Bernhard Guhl (AG) Sympathien für die Initiative, sie geht ihr aber zu weit. Deshalb unterstütz man einen indirekten Gegenvorschlag, wenn er zum Rückzug der Initiative führe. Er appellierte an die Initianten, dafür Hand zu bieten. Kompromissbereit müssten sich auch die Parteien zeigen.
FDP: Die Partei spricht sich neu nicht nur gegen die Initiative, sondern auch gegen einen Gegenvorschlag aus. Laut Sprecher Giovanni Merlini (TI) gehe es um globale Herausforderungen, die ein koordiniertes Vorgehen erforderten. Ein Alleingang der Schweiz sei zu vermeiden.
Für eine Fraktions-Minderheit hielt Doris Fiala (ZH) fest, dass sich wichtige Exponenten der Wirtschaft einen indirekten Gegenvorschlag wünschen, den auch sie unterstützen würde.
SVP: Die Partei lehnt die Initiative ab, denn sie mache es attraktiv, gegen Schweizer Unternehmen zu klagen, warnte Barbara Steinemann (ZH). Der Standort Schweiz würde in Frage gestellt, Arbeitsplätze und Steuersubstrat verschwänden. Weil in den Gegenvorschlag «schädliche Kernanliegen der Initianten» eingeflossen seien, sagt die Partei Nein dazu. Hans-Ueli Vogt (ZH) plädierte hingegen für einen Gegenvorschlag.