Glückliche Schweine auf Stroh und mit Auslauf ins Freie. So stellen sich viele Konsumentinnen und Konsumenten die Schweinemast in der Schweiz vor. Doch die Realität ist für einen Grossteil der Tiere ganz anders. Denn rund 40 Prozent der Schweine werden in konventioneller Haltung gehalten. Zählt man die Betriebe mit den Förderprogrammen dazu, sind das knapp 70 Prozent. Anders als bei Label-Betrieben ist für rein konventionelle Schweineställe weder Auslauf noch Einstreu vorgeschrieben.
Zehn Schweine auf der Fläche eines Parkplatzes
Laut geltendem Tierschutzgesetzes darf ein Bauer bis zu 1500 Mastschweine und 250 Zuchtschweine halten. Die Gruppengrösse ist nicht vorgeschrieben, nur der Platz pro Tier. Und der ist alles andere als grosszügig. So stehen einem bis zu 110 Kilogramm schweren Schwein 0.9 Quadratmeter zu. Ganz legal dürfen also zehn Schweine auf einer Fläche gehalten werden, die kleiner ist als ein durchschnittlicher Autoparkplatz.
Unhaltbare Zustände auf einzelnen Betrieben
Die Tierschutzorganisation Tier im Fokus stellt «Kassensturz» und dem «Tagesanzeiger» verdeckt aufgenommenen Bilder aus einigen konventionellen Betrieben in der Schweiz zu. Ein Teil davon zeigt verschiedene Verstösse gegen das Tierschutzgesetz, bestätigt Cesare Sciarra vom Schweizerischen Tierschutz (STS): «Es hat verschiedene Ställe, in denen deutlich kranke Tiere drin sind, die man hätte rausnehmen und pflegen müssen. Und wir sehen in einem Stall, dass es sogenanntes Schwanzbeissen gibt. Das ist meistens ein Zeichen dafür, dass sie die Tiere sich zu wenig beschäftigen können, überfordert sind.»
Bei anderen Betrieben zeigen die Bilder, dass die Tiere keine vorgeschriebene Beschäftigung haben. Also weder Einstreu auf der Liegefläche noch in den Futter-Raufen.
Kritik: Zu wenig unangemeldete Kontrollen
Solche Verstösse würden auffliegen, wenn mehr und vor allem unangemeldet kontrolliert würde, sagt Sciarra. Denn anders als Label-Betriebe, die jährlich mit unangemeldeten Kontrollen rechnen müssen, werden konventionellen Betriebe in der Regel nur alle vier Jahre kontrolliert. Ausserdem finden lediglich zehn Prozent dieser Kontrollen unangemeldet statt. Bei allen anderen wissen die Produzenten im Voraus Bescheid. So könne ein fehlbarer Bauer noch vieles korrigieren, sagt Sciarra: «Also Tiere umplatzieren, Einstreu nachfüllen oder man kann sehr dreckige Tiere aus den Buchten rausnehmen und kranke Tiere schnell wegbringen.»
«Kassensturz» zeigt die Bilder auch Meinrad Pfister, Präsident des Branchenverbandes Suisseporcs. Für ihn sei es schwierig dazu Stellung zu nehmen, weil er die Einzelheiten und die Betriebe nicht kenne. «Aber grundsätzlich schützen wir als Verband keine schwarzen Schafe. Gesetz und Vorschriften müssen von allen eingehalten werden.» Die allermeisten Tierhalter würden die Gesetze korrekt einhalten, betont Pfister.
Und er betont, dass viele Produzenten noch so gern für ein Label-Programm mit höheren Tierwohl-Anforderungen produzieren würden. Doch dies sei nicht möglich, da die Grossverteiler die Label-Programme zurückfahren statt ausbauen würden.