Die Aussenpolitische Kommission des Ständerates hat eine klare Erwartung an den Bundesrat, wie deren Präsident FDP-Ständerat Damian Müller betont: «Ich erwarte, dass er diese Präzisierungen knallhart macht, damit sie mehrheitsfähig sind.»
Doch welche Präzisierungen, zu welchen Themen? Bis anhin sprach der Bundesrat von Präzisierungen bei den flankierenden Massnahmen, der Unionsbürgerrichtlinie und den staatlichen Beihilfen. Doch letzte Woche meldete CVP-Präsident Gerhard Pfister grundsätzliche, darüber hinausgehende Bedenken an – das Rahmenabkommen gefährde die Souveränität der Schweiz.
Scharfe Kritik an der CVP
Müller hatte ob dieser Wortmeldung gar keine Freude. Der Bundesrat habe vor zwei Jahren bei sämtlichen Parteien eine Konsultation gemacht. «Wenn jetzt Parteipräsidenten neue Forderungen ins Feld führen, haben sie ihren Job bei der Konsultation nicht gemacht. Oder sie wollen ihre Partei in eine konservative Ecke ziehen, um Wähleranteile zu gewinnen.»
Angesprochen ist neben Pfister auch Beat Rieder. Doch der konservative Walliser CVP-Ständerat weist den Vorwurf entschieden zurück. Die CVP-Fraktion habe von Anfang an klargestellt, dass «auch die automatische Rechtsübernahme in einem Streitschlichtungsverfahren, welches die Souveränität der Schweiz nicht respektiert, ein gravierender Punkt ist.»
So muss die FDP mehr auf die SP setzen. Von deren Präsident Christian Levrat kommt Schützenhilfe: «Ich finde den Mechanismus zur Streitbeilegung an und für sich nicht problematisch. Viel problematischer sind dessen Anwendungsbereiche.»
Ein Scheitern des Rahmenabkommens wäre für mich kein Drama.
Diese Aussage ist interessant, weil sich Levrat damit auch von den Gewerkschaften distanziert. Gleich wie die CVP äusserten auch sie zuletzt immer lautere Kritik an der dynamischen Rechtsübernahme und der vorgesehenen Streitbeilegung mit der dominanten Rolle des EuGH.
Levrat geht nicht so weit. Für ihn muss sichergestellt sein, dass die flankierenden Massnahmen zum Schutz der Löhne nicht unter das Abkommen fallen: «Es braucht eine klare Regelung, um zu sichern, dass die flankierenden Massnahmen so belassen werden, wie sie sind. Und es muss Spielraum für den Ausbau der Massnahmen geben.»
Für diese Präzisierungen ist in den letzten Tagen der Begriff der «Immunisierung» aufgetaucht. Doch das ist lediglich ein neuer Begriff für ein altes Konzept: dass nämlich Bereiche definiert werden, die nicht unter das Abkommen fallen.
Ich habe in Brüssel hinter vorgehaltener Hand Kompromissbereitschaft gespürt.
Die Frage ist dann, wie offensiv der Bundesrat gegenüber der EU solche Immunisierungen fordert und welche Konsequenzen er bereit ist zu tragen, sollte die EU nicht nachgeben. Levrat sagt dazu: «Der Bundesrat muss sich mit einem Plan B auseinandersetzen. Das gehört zu einer klugen Verhandlungsführung. Ein Scheitern des Rahmenabkommens wäre für mich kein Drama.» Nur wer ein Scheitern in Kauf nehme, könne den Gegner unter Druck setzen.
APK-Präsident Müller erwidert darauf: «Ohne diese drei Präzisierungen, die auch nach Schweizer Prinzipen klar geregelt sind, wird das Rahmenabkommen innenpolitisch keine Chance haben. Aber diese Verantwortung trägt jetzt der Bundesrat.»
Müller ist zuversichtlich, dass die EU bereit ist, auf die Schweiz zuzugehen. Er war kürzlich im Rahmen einer Parlamentarier-Reise in der EU-Zentrale in Brüssel: «Ich habe hinter vorgehaltener Hand Kompromissbereitschaft gespürt.» Das wären gute Nachrichten für ein mögliches Rahmenabkommen.