Anfang Woche im Bundeshaus – die Staatspolitische Kommission des Ständerats trifft sich, um die Totalrevision des Datenschutzes vorzuberaten. Ein komplexes, über 200 Seiten dickes Gesetz. In der Wintersession wird dann der Ständerat darüber entscheiden.
Das Spezielle daran: Mehr als die Hälfte der Kommissionsmitglieder ist dann gar nicht mehr dabei. Zum Beispiel der grüne Ständerat Robert Cramer aus Genf. «Ich habe am Dienstag einige Anträge eingereicht, die ich nun im Rat gar nicht selber vertreten kann. Das ist etwas frustrierend.»
Da stellt sich die Frage, ob man mit der Beratung nicht besser gewartet und das Geschäft der neu zusammengesetzten Kommission überlassen hätte – so könnten alle Beteiligten auch bei der Parlamentsberatung dabei sein.
Das Knowhow der Bisherigen nutzen
Noch-Präsidentin der Staatspolitischen Kommission ist die abtretende Aargauer SP-Ständerätin Pascale Bruderer. Sie räumt ein, die Frage einer Verschiebung der Beratung des Datenschutzgesetzes sei berechtigt. Trotzdem habe man entschieden, in der alten Konstellation zu entscheiden.
Das wäre wahrscheinlich eine Überforderung oder zumindest eine grosse Herausforderung für die neuen Mitglieder.
Das Geschäft zu verschieben hätte zwei Konsequenzen gehabt: «Eine ziemlich grosse Verzögerung der Behandlung und zweitens wahrscheinlich auch eine Überforderung oder zumindest eine grosse Herausforderung für die neuen Mitglieder. Sie hätte sich mit einer ganz neuen komplexen Materie befassen müssen. Einer Materie, die den bisherigen Kommissionsmitgliedern eben schon bekannt war.»
Mit anderen Worten: Man wollte noch das Knowhow der alten Kommission nutzen. Zusätzlich gibt es bei diesem Geschäft eine Frist – damit der Schweizer Datenschutzstandard auch von der EU als gleichwertig anerkannt wird, muss das entsprechende Gesetz bis im Frühling fertig beraten sein.
«Aussergewöhnlich grosser Wechsel»
Tatsächlich steht der Ständerat vor einem Verlust von Fachwissen. In der Regel wird ein Viertel bis ein Drittel des Ständerats erneuert nach den Wahlen. In diesem Jahr ist es fast die Hälfte. 19 Ständerätinnen und Ständeräte sind nicht mehr angetreten, dazu kam die Abwahl von weiteren drei Ständeherren (Filippo Lombardi, Beat Vonlanthen, beide CVP und Werner Hösli, SVP).
Das ist schon ein aussergewöhnlich grosser Wechsel.
In den Fachkommissionen sieht es zum Teil noch dramatischer aus. Neben der angesprochenen Staatspolitischen Kommission verliert auch Energie- und Umweltkommission über die Hälfte der Mitglieder. «Das ist schon ein aussergewöhnlich grosser Wechsel», sagte der Ausserrhoder FDP-Ständerat Andrea Caroni. Wir verlieren damit sehr viel an Erfahrung, an Kenntnis der Prozesse und der Geschäfte, an Netzwerken, die jetzt natürlich etwas leiden.» Die Neuen würden das mit der Zeit auch wieder mitbringen, ist Caroni überzeugt. Aber für den Moment, da verlieren wir einiges.
Frust hält sich in Grenzen
Robert Cramers anfänglich geäussertem Frust steht übrigens sein Vertrauen in die Institution Ständerat gegenüber. Wenn er seine Verschärfungsanträge im Ständerat nicht selber begründen könne, so müsse das eben der Kommissionssprecher tun. «Das ist das Schöne am Prinzip Servir et disparâitre, Dienen und Verschwinden, die Institution bleibt, die Politiker kommen und gehen.»