Villa Senar, Halbinsel Hertenstein am Vierwaldstättersee. Es macht den Anschein, als hätte Sergei Rachmaninoff eben das Haus verlassen: Auf dem Schreibtisch im Erdgeschoss liegen Notenblätter, umgeben von gerahmten Familienfotos.
Wenige Schritte weiter thront der Flügel des russischen Pianisten, Komponisten und Dirigenten. Daneben steht eine olivgrüne Polstergruppe, von Rachmaninoff in den 1930er-Jahren ausgewählt.
Kurzum: Wer das Haus betritt, macht einen Sprung in die Vergangenheit. Gewollt, wie die kantonale Denkmalpflegerin Cony Grünenfelder sagt: «Wenn Sergei Rachmaninoff jetzt auf seinem Korbstuhl auf der Terrasse einen Café trinken würde, würde er schon sagen: Das ist meine Villa Senar, hier ist mein Paradies.»
Dokumentarfilm zum Thema
Am 1. April könnte Sergei Rachmaninoff seinen 150. Geburtstag feiern. Und just auf diesen Tag hin öffnet sich dessen «Paradies» am Vierwaldstättersee für die breite Bevölkerung.
Rauschende Geburtstagspartys und Hochzeiten im grossen Stil wird es hier allerdings nicht geben. Die für den Betrieb zuständige Stiftung plant Anlässe für maximal 35 Personen. Kleine Konzerte beispielsweise, Führungen oder private Apéros. Ab Mai können Besucherinnen und Besucher an ausgewählten Tagen im Terrassen-Café Platz nehmen.
«Wir wollen vom Kindergärtner bis zum grossen Meisterpianisten allen die Möglichkeit geben, das Haus zu besichtigen und den Park zu geniessen», sagt Urs Ziswiler, Präsident der Serge Rachmaninoff Foundation. Angedacht ist eine Nutzung, die sich «gut mit dem Schutzstatus des Gebäudes» verträgt, wie die Denkmalpflegerin Cony Grünenfelder sagt.
Vom weissen Bau zur ockerfarbenen Villa
Der kubische Bau steht seit 2018 unter Denkmalschutz. Der historische Charakter war ein Knackpunkt der Sanierung. Die Arbeiten gingen im Juli 2022 los. Das Ziel: Mängel und Schäden beheben, aber auch den damaligen Zustand der Villa wieder hervorholen. «Das bedeutete insbesondere, dass wir innen und aussen die originale Farbgebung wiederhergestellt haben», sagte Cony Grünenfelder.
So sieht die restaurierte Rachmaninoff-Villa aus
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Bild 1 von 13. So präsentiert sich die Südfassade der einstigen Villa von Sergei Rachmaninoff. Diese ist auch unter dem Namen «Villa Senar» bekannt, zurückgehend auf die Abkürzung der Namen Sergei, seiner Frau Natalia und Rachmaninoff. Bildquelle: ZVG/Priska Ketterer.
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Bild 2 von 13. Der russische Komponist, Pianist und Dirigent hat das Grundstück am Vierwaldstättersee 1930 gekauft und darauf das Haus erbauen lassen. Bildquelle: ZVG/Priska Ketterer.
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Bild 3 von 13. Vor der Restauration kam das Gebäude in Weiss daher, jetzt hat die Villa wieder die originale Ockerfarbe (im Bild eine undatierte Aufnahme). Bildquelle: Keystone.
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Bild 4 von 13. Rachmaninoff ist am 28. März 1943 verstorben. Doch auch Jahrzehnte nach seinem Tod sind viele originale Ausstattungsgegenstände noch erhalten. Bildquelle: ZVG/Priska Ketterer.
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Bild 5 von 13. Im Salon wie auch in anderen Innenräumen könnte man meinen, Rachmaninoff sei nur auf einer Konzertreise und komme bald wieder zurück. Bildquelle: ZVG/Priska Ketterer.
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Bild 6 von 13. Die Innenausstattung ist Teil eines Gesamtkunstwerkes. Bei kleinen Konzerten oder privaten Apéros soll dieses sichtbar werden. Bildquelle: SRF/Barbara Anderhub.
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Bild 7 von 13. Im Erdgeschoss steht der Flügel von Rachmaninoff. Es ist eine Spezialanfertigung, das Instrument ist ein Meter länger als üblich. Bildquelle: ZVG/Priska Ketterer.
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Bild 8 von 13. Blick ins Esszimmer. Insgesamt hat der Kanton Luzern für den Kauf der Liegenschaft, die Renovation und den Unterhalt gut 15 Millionen Franken ausgegeben. Bildquelle: ZVG/Priska Ketterer.
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Bild 9 von 13. 1934 zog die Familie Rachmaninoff ins Haus, wanderte fünf Jahre später – kurz vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges – jedoch in die USA aus. Bildquelle: Keystone/Urs Flüeler.
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Bild 10 von 13. Die grossen Fenster geben die Sicht frei auf den Park, den Vierwaldstättersee und die Berge. Bildquelle: SRF/Barbara Anderhub.
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Bild 11 von 13. Zur Villa Senar gehören auch eine Veranda, kleinere Nebenbauten und ein Park. Bildquelle: ZVG/Priska Ketterer.
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Bild 12 von 13. Die Parkanlage ist an bestimmten Tagen während der warmen Jahreszeiten geöffnet. Bildquelle: Keystone/Urs Flüeler.
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Bild 13 von 13. Seit April 2022 ist die Liegenschaft mitsamt den Gebäuden im Besitz des Kantons Luzern. Bildquelle: Keystone/Urs Flüeler.
Dies ist denn auch die augenfälligste Veränderung: Das Gebäude kommt nicht mehr in Weiss daher, sondern im ursprünglichen Ocker. Um dem Original auf die Schliche zu kommen, brauchte es den Griff zum Skalpell: Damit trugen Fachleute auf einzelnen Flächen Farbe ab, um zu früheren Farbschichten vorzudringen.
Für die Sanierung war Fachwissen und handwerkliches Geschick gefragt. Etwa, um den originalen Parkett zu reparieren oder Fenster aus den 1930er-Jahren wieder instand zu setzen. Auch historische Bilder und Pläne nahm die Denkmalpflege zu Hilfe.
Kanton liess für die Villa 15 Millionen springen
Die Villa Senar gilt als exemplarischer Bau für die Bewegung der Moderne in der Zentralschweiz. Während Jahrzehnten fristete die Anlage ein Schattendasein. Dem setzte der Kanton 2022 ein Ende: Er unterzeichnete mit den gesetzlichen Erben einen Kaufvertrag und lancierte die Idee eines Kulturzentrums. Gut 15 Millionen Franken liess der Kanton dafür springen. Darin enthalten: der Erwerb der Liegenschaft, die Sanierung und der Unterhalt für zehn Jahre.
Die Renovation ist noch nicht abgeschlossen: Insbesondere im Obergeschoss erfolgen weitere Arbeiten. Auch Gärtner- und Bootshaus kommen noch an die Reihe. Damit auch hier dereinst der Geist von «anno dazumal» spürbar ist. Gerade so, als ob Sergei Rachmaninoff jederzeit um die Ecke kommen könnte.