Die Organisation Operation Libero arbeitet seit Frühling an einer europapolitischen Volksinitiative. Nun liegen zwei Varianten für einen Initiativtext vor. Ziel sei, einen Diskurs über Europa zu erzwingen, den die Bundesratsparteien nicht führen wollten, weil sie nichts gewinnen könnten, erklärt Stefan Schlegel von der Operation.
In einer Variante ist das europapolitische Ziel etwas ambitionierter formuliert: Der Bundesrat müsste Verhandlungen aufnehmen und nach einer gewissen Zeit dem Parlament eine Vorlage unterbreiten. Der Bundesrat könnte dem Parlament auch einen Abbruch unterbreiten.
Damit wir als Stimmbevölkerung in dieser zentralsten aller politischen Fragen, mit denen die Schweiz konfrontiert ist, endlich auch angehört werden.
Aber wichtig sei, dass der Bundesrat nicht einfach selber entscheiden könne, sondern das Volk am Schluss letzte Wort habe, betont Schlegel: «So kann die Behauptung, eine institutionelle Lösung hätte keine Mehrheit, real am Willen von Parlament und Stimmvolk getestet werden. Damit wir als Stimmbevölkerung in dieser zentralsten aller politischen Fragen, mit denen die Schweiz konfrontiert ist, endlich auch angehört werden.»
Nur Grüne dabei
Als erste und bisher einzige Partei sind die Grünen auf den Zug aufgesprungen. Auch wenn Volksinitiativen langfristig angelegt sind und erst nach Jahren an die Urne kommen, sieht Präsident Balthasar Glättli auch kurzfristig Vorteile: «In der Hoffnung, dass es vielleicht gar keine Initiative braucht und der Druck ausreicht, dass der Bundesrat vorwärtsmacht.»
Die Operation Libero führte in den letzten Wochen auch mit anderen Parteien und Organisationen Gespräche. Diese waren denn auch etwas irritiert, als sie in der Sonntagspresse über die gemeinsame Offensive mit den Grünen lasen.
Europäische Bewegung überrumpelt – SP schweigt
«Wir waren ein Stück weit überrumpelt, denn wir hatten auch informelle Gespräche mit der Operation Libero», sagt Eric Nussbaumer, SP-Nationalrat und Präsident der Europäischen Bewegung Schweiz. Für das Initiativprojekt entscheidend wird sein, ob auch Nussbaumers Organisation und vor allem die SP mitmachen werden.
Doch von der SP, die aktuell hinter den Kulissen ihre europapolitische Haltung überarbeitet, wollte sich niemand dazu äussern. Man scheint offensichtlich auch etwas überrumpelt worden zu sein. Das könnte auch das Ziel gewesen sein. Nussbaumer bestätigt aber, dass die Europäische Bewegung nun weitere Gespräche mit den Initianten führen und inhaltliche Vorstellungen einbringen werde.
Umstritten ist insbesondere, dass in jedem Fall das Volk das letzte Wort haben soll: «Die europapolitische Fragestellung ist genug anspruchsvoll, als dass man sie noch mit staatspolitischen Fragestellungen erweitern muss», bemerkt Nussbaumer.
Mit anderen Worten: Sollte dieser Punkt in der Initiative bleiben, wäre die Europäische Bewegung nicht mit dabei. Operation Libero hat aber signalisiert, dass man über den Initiativtext noch verhandeln könne.
Absage von FDP und Mitte
Null Verständnis für die Initiative haben die bürgerlichen Parteien, die allenfalls auch als Partner infrage kämen. So sagt FDP-Präsident Thierry Burkart: «Der Bundesrat ist sich bewusst, dass er die Verhandlungen mit der EU aufnehmen muss. Dafür braucht es keine Initiative.»
Weniger Vertrauen in den Bundesrat hat Mitte-Präsident Gerhard Pfister, aber er hat auch kein Verständnis für die Initiative: «Ob eine Volksinitiative jetzt opportun ist und, ob es diese ist, stelle ich stark infrage.» Dem Bundesrat vorzuschreiben, nach einer gewissen Zeit dem Parlament eine Vorlage zu unterbreiten, weckt bei ihm grösste Bedenken. Auch er kritisiert, dass das Volk in jedem Fall das letzte Wort haben würde.