Im Abstimmungskampf über das Klimaschutzgesetz begleitete die «Rundschau» den Klimaforscher Reto Knutti von der ETH-Zürich und die SVP-Politiker Christian Imark und Michael Graber zu Auftritten vor ihrem jeweiligen Publikum.
In der «Arena» kreuzten Befürworterinnen und Gegner die Klingen, auch hier war die SVP als Gegnerin des Klimaschutzgesetzes prominent vertreten. Zusätzlich zu SVP-Bundesrat Albert Rösti, der zwar die bundesrätliche Ja-Parole vertrat, als Nationalrat aber noch gegen das Gesetz gekämpft hatte.
Gegen diese Auswahl an Gesprächspartnern beschwerte sich der Fotograf und Künstler Peter Tillessen: «Die SVP ist klar eine klimaleugnende Partei. Allein schon auf den Extrablättern und der Homepage der Partei sieht man viele Dinge, die nicht im Einklang mit der Wissenschaft sind. So kommen immer wieder Meinungen zu Wort, die nichts mit der wissenschaftlichen Erkenntnis zu tun haben.»
Es wäre demokratiepolitisch höchst problematisch, eine Seite – in diesem Fall eine ganze Partei – von einer Debatte auszuschliessen.
Im Abstimmungskampf sei es aber nicht darum gegangen, was wissenschaftlich korrekt sei, sondern um konkrete Massnahmen gegen den Klimawandel, so die Unabhängige Beschwerdeinstanz UBI.
Deren Präsidentin Mascha Santschi betont, dass vor Abstimmungen und Wahlen die verschiedenen Meinungen zum Ausdruck kommen müssten. «Man kann nicht eine Seite zensieren und ein ‹Wahrheitsministerium› etablieren. Letztlich geht es darum, sicherzustellen, dass sich das Publikum frei eine Meinung bilden kann – und dazu gehört, dass man alle Meinungen kennt.»
Santschis Sichtweise teilt auch Tristan Brenn, der bei SRF als Chefredaktor für die Fernsehsendungen verantwortlich ist. «Wir haben einen klaren Auftrag: Wir müssen die verschiedenen Positionen angemessen zu Wort kommen lassen. Es wäre demokratiepolitisch höchst problematisch, eine Seite – in diesem Fall eine ganze Partei – von einer Debatte auszuschliessen.»
Beschwerdeführer kritisiert «false balance»
Beschwerdeführer Tillessen ist damit nicht einverstanden: «Das Problem ist, dass in der Sendung eine absolute Rarität und Minderheit in der Wissenschaft 50 Prozent der Plattform einnehmen kann.» Das sei eine «false balance», eine falsche Ausgewogenheit.
Dem widerspricht Brenn: «Wir machen grundsätzlich einen faktenbasierten Journalismus. Das heisst auch, dass wir niemals in einer Diskussionssendung darüber reden würden, ob es den menschengemachten Klimawandel gibt.» Diesen gebe es und darüber müsse man nicht diskutieren. «Es ist aber ein Unterschied, wenn es darum geht, welche Massnahmen wir als Politik und Gesellschaft gegen den Klimawandel treffen.» Darüber müsse man in der ganzen Bandbreite diskutieren, aus allen Perspektiven, mit verschiedensten Fachleuten, Politikerinnen und Betroffenen, betont Brenn.
Im Zweifelsfall für die Medienfreiheit
Santschi weist auf einen weiteren Punkt hin: «Beim Publikum darf man davon ausgehen, dass es mündig genug ist und keine mediale Bevormundung braucht. Man muss nicht zu seinem Schutz Beiträge zensieren.» Es sei wichtig, dass ein solcher Diskurs stattfinden könne, so die Präsidentin der Beschwerdeinstanz. «Sonst kann sich eine Gesellschaft auch nicht weiter entwickeln.» Die UBI bleibt damit auch in diesem Fall bei ihrer liberalen Rechtsauslegung. Nach dem Motto: Im Zweifelsfall für die Medienfreiheit.
Der Entscheid ist noch nicht rechtskräftig und kann vom Beschwerdeführer ans Bundesgericht weitergezogen werden.