Noch bis Ende April hält der Bundesrat die Bevölkerung an, zu Hause zu bleiben. Dann sollen die Massnahmen gegen eine weitere Ausbreitung des Coronavirus schrittweise gelockert werden. Er erarbeitet nun einen konkreten Plan, wie dies passieren könnte. Die grösste Gefahr: Die Massnahmen werden gelockert und erneut stecken sich viele Leute an. Wie man das verhindern kann, weiss Thomas Häusler von der SRF-Wissenschaftsredaktion.
SRF News: Noch steigen die Fallzahlen. Welche Voraussetzungen müssen zwingend erfüllt sein, damit die Massnahmen gelockert werden können?
Thomas Häusler: Die Gesamtzahl an Infizierten steigt tatsächlich noch, aber sie steigt langsamer. Forscher der ETH sagen, wir hätten jetzt schon eine wichtige Marke erreicht. Jeder und jede, der sich mit Corona infiziert, steckt nun im Schnitt weniger als eine weitere Person an. Damit die Massnahmen gelockert werden können, muss dieser Ansteckungsfaktor noch weiter sinken – und zwar so weit, dass die Spitäler nicht überlastet sind und man alle Neuangesteckten schnell identifizieren kann. Und die Menschen, mit denen sie in Kontakt waren, damit die dann eben in Quarantäne gehen können.
Also muss der Bund dies überwachen und Begleitmassnahmen beschliessen. Welche Möglichkeiten hat er überhaupt?
Er hat die Möglichkeit, dass er möglichst viele Tests macht, noch viele mehr als jetzt. Man muss Leute ohne Symptome testen, bei denen bloss ein Verdacht besteht. Auch die in den letzten Tagen viel genannte Smartphone-App wird eine Rolle spielen. Diese warnt mich, wenn jemand positiv getestet wird, mit dem ich in den letzten zwei Wochen Kontakt hatte. Auch wenn es bei dieser App offene Fragen gibt, etwa, wie viele Leute diese dann wirklich nutzen werden. Gerade für ältere Menschen ist dies sicher nicht so einfach.
Die Bürger sollten sich selber Masken schneidern, denn auch da gibt es Hinweise, dass diese schützen können.
Es ist auch durchaus vorstellbar, dass der Bund doch noch zum Tragen von Masken im öffentlichen Raum ermutigen wird. Immer mehr Experten sagen, wenn sie Angesteckte tragen – auch solche, die es noch nicht wissen – können sie andere schützen. Der Bund könnte auch dem Beispiel anderer Länder folgen und sagen, die guten Masken seien weiterhin fürs Gesundheitspersonal reserviert. Die Bürger sollten sich aber selber Masken schneidern, denn auch da gibt es Hinweise, dass diese schützen können.
Wichtig wäre, zu erfahren, wer bereits Antikörper gebildet hat. Wo stehen wir in der Schweiz diesbezüglich?
Man ist immer noch dabei, diese Tests so gut zu machen, dass sie wirklich aussagekräftig sind. Man muss aber auch sagen: Es ist für mich oder meinen Arbeitgeber sicher sehr gut zu wissen, dass ich Corona hatte und immun bin. Aber für die Lage der Schweiz als Ganzes hilft das noch lange nicht so viel.
Wir müssen uns auf eine lange Wartezeit einstellen, bis es letztlich einen Impfstoff geben wird oder zumindest wirksame Medikamente.
Es werden noch eine längere Zeit so wenige Menschen immun sein, dass wir nicht hoffen können, dass wir alleine wegen dieser Immunität auf das Coronavirus in der Gesellschaft auf Massnahmen verzichten können.
In einigen asiatischen Ländern wurden die Massnahmen gelockert, dann musste die Schraube wieder angezogen werden. Wie sieht es bei uns aus?
Es wird sicher eine Phase geben, in der der Bund und Experten Lockungen testen müssen. Man muss dabei sehr klug vorgehen. Oft kann man nicht hin und her wechseln, sonst machen die Menschen das nicht mehr mit. Aber: Wir müssen uns auf eine lange Wartezeit einstellen, bis es letztlich einen Impfstoff geben wird oder zumindest wirksame Medikamente.
Das Gespräch führte Karin Britsch.