Komplexe Vorlage: Zigarettenschmuggler, Arbeitspendlerinnen, Einkaufstouristen, illegale Einwanderinnen, Import und Export: An der Schweizer Grenze kontrollieren die Angestellten des Bundesamtes für Zoll- und Grenzsicherheit BAZG Fahrzeuge, Menschen und Waren. Ihr Ziel: alle Abläufe vereinfachen, vereinheitlichen und wo möglich digitalisieren. Dafür braucht es ein neues Zollgesetz. Nun kommt es ins Parlament. Die Unterlagen sind 490 Seiten stark, mit Auswirkungen auf über 50 andere Gesetze – ein «Monster-Gesetz».
Belastete Vorgeschichte: Auf dem Weg zum neuen Alltag von Zoll und Grenzsicherheit stiess die frühere BAZG-Leitung den Wandel bereits an, bevor das neue Gesetz vorlag. Die Absicht: keine Zeit verlieren. Das brachte Kritik, Widerstand und einen Vertrauensverlust der BAZG-Angestellten.
Kompetenzen-Wirrwarr: Der Entwurf schuf neue Abläufe und wirbelte die bisherige Aufgabenteilung von Grenzwacht, Polizei und Nachrichtendienst durcheinander. Konsterniert reagierte auch der Eidgenössische Datenschutzbeauftragte. Unter externer Vermittlung räumte eine Arbeitsgruppe von Bund und Kantonen diverse Missverständnisse aus: Die Zoll- und Grenzsicherheit soll nicht zusätzliche Kompetenzen erhalten. In den Bereichen Sicherheit und Strafverfolgung braucht es klare Zuständigkeiten.
Zwei Berufsphilosophien: Die zwei verschiedenen Berufe Zollangestellte und Grenzwächter sollten zusammengebracht werden, damit alle flexibel eingesetzt werden können. Auch hier wartete das BAZG nicht auf das Gesetz. Als Zollspezialistinnen und -spezialisten plötzlich Waffen tragen sollten wie die Kolleginnen und Kollegen von der Grenzwacht, führte das zu Kritik und Protesten. Klärende Gespräche folgten, mit dem Resultat, dass auf Anfang Februar 2024 die Verordnung angepasst wurde. Sie hält fest: Der Entscheid für das Waffentragen ist freiwillig. Ein Ablehnen darf keine beruflichen Nachteile bringen. Diese Regelung gilt, bis das neue Zollgesetz in Kraft tritt.
Zudem fand eine externe Prüfung statt zum neuen Beruf «Fachspezialist / Fachspezialistin Zoll und Grenzsicherheit». Sie stellte zwar verschiedene Mängel beim Vorgehen fest, wollte den Prozess aber nicht stoppen. Anregungen zur Rekrutierung sowie zur Grund- und Weiterbildung liegen vor.
Knackpunkte im Parlament: Obwohl so Missverständnisse ausgeräumt wurden, Vertrauen zurückgewonnen und der Gesetzesentwurf präzisiert werden konnte, bergen die 490 Seiten noch Konfliktpotenzial. Offen ist beispielsweise, ob der Nachrichtendienst ohne Weiteres Einblick in die Daten der Zoll- und Grenzsicherheit erhalten soll. Der Datenschutzbeauftragte und die zuständige Kommission lehnen das ab. Auch die Zollgewerkschaft Garanto macht Schwachstellen aus, die den Alltag an der Grenze verkomplizieren statt vereinfachen – vom Anmeldeverfahren beim Zoll über die Kontrollen bis hin zum Datenaustausch.