Zum Inhalt springen

Vorrang für Schweizer Betriebe Tessin will einheimisches Baugewerbe schützen

Das Wichtigste in Kürze

  • Bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen zieht das Tessin die Schraube an: Das Parlament hat einen Vorrang für einheimische Firmen beschlossen.
  • Bauaufträge sollen ausschliesslich an Firmen mit Sitz in der Schweiz gehen, wenn der Wert des Auftrages unter 8,7 Millionen Franken liegt.
  • Für den Bundesrat widerspricht das Vorgehen des Tessins vertraglichen Verpflichtungen der Schweiz gegenüber der EU.
  • Mit dem Beschluss soll die Konkurrenz aus Italien abgewehrt werden.

Warenlieferungen betroffen

Box aufklappen Box zuklappen

Das vom Tessiner Parlament beschlossene Gesetz beinhaltet auch Warenlieferungen und Dienstleistungen. Hier liegt der Höchstbetrag bei 350'000 Franken. Die wirtschaftliche Bedeutung der öffentlichen Aufträge sei gross, sagte der Tessiner Staatsrat Claudio Zali (Lega). Jährlich würden Aufträge in der Höhe von 940 Millionen Franken vergeben.

Das Tessiner Parlament hat am Montagabend einschneidende Massnahmen zum Schutz des einheimischen Baugewerbes beschlossen – ohne Gegenstimme.

Es ist ein Novum in der Schweiz: Die Kantonsverwaltung, Gemeinden, öffentliche Betriebe und Empfänger von gewichtigen Subventionen im Tessin dürfen Bauaufträge bis 8,7 Millionen Franken nur noch an einheimische Firmen vergeben. Oberhalb der Grenze von 8,7 Millionen Franken gilt das internationale Vergaberecht.

Nur schon bei Kanton und Gemeinden betrifft die neue Vorschrift 90 Prozent aller Aufträge – ein Volumen von insgesamt rund einer Milliarde Franken jährlich. So werde der Billigkonkurrenz aus Italien entgegengetreten, erklärten mehrere Redner im Tessiner Grossen Rat. Der Parlamentsbeschluss erfolgte mit 66 Ja-Stimmen, keiner Nein-Stimme und zwei Enthaltungen.

Weitere Beschlüsse in Arbeit

Dennoch: Komplikationen sind vorprogrammiert, denn der Bundesrat hat 2015 erklärt, dass nationale wie internationale Vorschriften keinen Raum für solche protektionistischen Regelungen lassen. Ein Inländervorrang würde eine Verletzung der staatsvertraglichen Verpflichtungen und des Nichtdiskriminierungsgebotes bedeuten. Der Anteil an Auslandsvergaben habe im Jahr 2013 landesweit nur sechs Prozent betragen, erklärte der Bundesrat.

Im Tessiner Parlament sind noch weitere Beschlüsse in Arbeit, die auch auf juristisches Glatteis führen können: Die Initiative «Prima i nostri» («Zuerst die Unseren»), die einen Inländervorrang im Arbeitsmarkt fordert und eine Initiative der Grünen, die Mindestlöhne durchsetzen will.

Meistgelesene Artikel