Wenn es um den Handel und um die Produktion von Gold geht, ist das Tessin global weit vorne. Fünf Raffinerien im Kanton verarbeiten zirka zwei Drittel des weltweiten Goldes. Dazu gehört auch die Raffinerie Valcambi in Balerna. Dort werden rund 2000 Tonnen Edelmetall pro Jahr verarbeitet. Darunter ist auch viel Gold, welches zum Teil aus Dubai stammt.
Geliefert wird das Gold von der Rohstofffirma Kaloti. Diese ist im Handel, Transport und in der Verarbeitung von Gold tätig und gehört einer Familie aus den Vereinigten Arabischen Emiraten. Kaloti soll Gold aus Minen in Darfur und dem Sudan schürfen lassen – also aus Gebieten, in denen Bürgerkrieg und Armut herrschen.
Marc Ummel vom Schweizer Hilfswerk Swissaid beobachtet Kaloti seit vielen Jahren. «Wir haben den Eindruck, dass das Unternehmen in Geldwäscherei, Drogenhandel und illegale Goldkäufe verwickelt ist», betont er. Kaloti kontrolliert die Raffinerie in Dubai namens MTM (MTM-O Gold Refinery) und die Londoner Handelsfirma Trust One.
Die Lieferkette führt ins Tessin zu Valcambi. Die Eidgenössische Zollverwaltung hat die Tessiner Raffinerie im Dezember 2020 auf die Risiken hingewiesen. Im entsprechenden Brief steht: «Die geprüften Unterlagen zeigen auf, dass die Geschäftsleitung der Valcambi SA entschieden hat, die Geschäftsbeziehung mit Trust One aufrechtzuerhalten, obwohl bezogen auf MTM-Gold ein hohes Risiko betreffend die Herkunft des Goldes besteht.»
Happige Vorwürfe gegen Valcambi
Die Zollverwaltung rügt Valcambi und empfiehlt, die Herkunft des Goldes bis an die Quelle zurückzuverfolgen: «Insbesondere in Fällen, in welchen aufgrund der Beteiligten oder des Herkunftslandes erhöhte Risiken feststellbar sind, würden wir Ihnen aber die Einführung von Prozessen und Abläufen raten, die eine Ausweitung der Prüfung über Ihren direkten Kunden hinaus vorsehen und ermöglichen.»
Valcambi wollte sich gegenüber RTS nicht äussern. Das Tessiner Unternehmen hat gegen das Hilfswerk Swissaid Klage erhoben.
Die Vorwürfe gegen Valcambi sind happig, die Branche riskiert einen Reputationsschaden. Deshalb verlangt der Präsident des Branchenverbands, Christoph Wild: Jedes Mitglied müsse die ganze Lieferkette bis zur Mine im Blick haben.
Auf die Frage, ob sich Valcambi scheinbar nicht dafür interessierte, von wo das Gold stammt, nimmt Wild Valcambi allerdings in Schutz. Die Branche habe sich ethische Richtlinien auferlegt, wie man mit Gold umgehe. «Darin verlangen wir von unseren Mitgliedern, dass man die Quellen genau kennt», so Christoph Wild.
Nur Empfehlungen, keine Sanktionen
Bei der Eidgenössische Finanzkontrolle zieht Prüfungsexperte Grégoire Demaurex ein nüchternes Fazit: Es gebe nur Empfehlungen für die Raffinerien in der Schweiz und keine Sanktionen gegen Unternehmen aus Dubai. «Es gibt kein Element auf internationaler Ebene, welches Raffinerien daran hindert, Gold über Kaloti oder andere Unternehmen aus den Vereinigten Arabischen Emiraten zu kaufen.»
Die Tessiner Raffinerien sind also nicht zu mehr Transparenz gezwungen. Das Gold glänzt – egal, woher es stammt.