Ein Gewirr von Rohren, überall grosse Destillationstürme und in der Mitte ein rot-weiss gestreifter riesiger Kamin. Die Raffinerie Cressier sticht ins Auge – sowohl von der Autobahn als auch vom Zugfenster aus.
Hier am Jura-Südfuss werden knapp drei Millionen Tonnen Erdöl raffiniert pro Jahr. Auf dem Gelände ist es laut und es riecht nach Öl. Weil Explosionen fatale Folgen haben könnten, gelten strengste Sicherheitsvorkehrungen: Nur wer Helm, Schutzbrille, Schutzanzug, Sicherheitsschuhe und Handschuhe trägt, kommt hier rein.
Reinout Houttuin, seit fünf Jahren Direktor der Raffinerie, führt durch deren zentrale Strasse: Links stehen die Öfen, rechts die Destillationssäulen, in denen das Rohöl erhitzt wird, sodass unterschiedliche Produkte gewonnen werden können – vom Heizöl über Diesel und Kerosin bis zum Benzin.
Die Raffinerie, stellt nicht nur Produkte her, die später beim Verbrennen klimaschädliche Treibhausgase freisetzen: «Zwischen 350 und 400'000 Tonnen CO2 stossen wir jedes Jahr aus. Damit sind wir ein grosser Emittent», räumt Raffinerie-Direktor Reinout Houttuin ein.
Das ist fast ein Prozent des Gesamtausstosses der Schweiz. Ein Teil der Emissionen kompensiere die Raffinerie. Zudem gehört sie zu den Firmen, die mit dem Bund ein Programm zur kontinuierlichen Reduktion des Ausstosses vereinbart haben. Reinout Houttuin kann sich auch gut vorstellen, hier in Cressier künftig Treib- oder Brennstoffe aus anderen Grundstoffen als Erdöl zu produzieren, zum Beispiel aus Biomasse.
«Schweizer Öl» aus Nigeria
Aktuell aber dreht sich noch alles ums Erdöl. Dieses wird von Marseille über eine Pipeline nach Cressier gepumpt. Ursprünglich kommt schon seit Jahren der grösste Teil des «Schweizer Öls» aus Nigeria.
Warum Nigeria? «In der Regel stimmt der Preis des nigerianischen Öls. Zudem ist es dank seiner Leichtigkeit sehr geeignet für unsere Produktionsprozesse», erklärt Reinout Houttuin.
Allerdings hat die Erdölförderung in Nigeria verschiedentlich negative Schlagzeilen gemacht – Umweltkatastrophen im Nigerdelta, Kriminalität und Korruption seien die Folge einer einseitigen Ausrichtung auf Öl und Gas im bevölkerungsreichsten Land Afrikas, sagt Robert Kappel, Ökonom und Professor am Institut für Afrikastudien der Universität Leipzig.
«Erdölimportierende Länder wie die Schweiz haben sich lange wenig darum gekümmert, was vor Ort passiert. Sie sind heute gefordert, eine nachhaltige Entwicklung in den Produktionsländern wie Nigeria zu unterstützen.»
Man arbeite nur mit vertrauenswürdigen Lieferanten zusammen und prüfe diese regelmässig, heisst es dazu bei VaroEnergy, der Besitzerin der Raffinerie in Cressier.