Für einmal ist es nicht übertrieben zu sagen, dass die Gemeinde Blauen mit ihrer erfolgreichen Landreform auch einen Sieg über eine Erblast aus der Zeit von Napoleon feiert. Dazu beigetragen hat auch moderne 3D-Technik. Jetzt aber der Reihe nach:
Früher haben wir viel Zeit mit hin und her fahren verschwendet.
Darum ist es ein Erfolg: Die liebliche Landschaft in Blauen mit den weissen Blüten der Kirschbäume täuscht etwas darüber hinweg, dass hier fast 20 Jahre über die Aufteilung des Ackerlands verhandelt worden ist. In anderen Fällen enden solche Projekte nicht selten als Streitfall vor Gericht.
Der Erfolg der sogenannten «modernen Gesamtmelioration» in Blauen lässt sich am besten in Zahlen ausdrücken: Aus rund 1'500 zerstückelten Parzellen sind 60 Einheiten geworden – rund 280 Landeigentümer waren involviert. Damit lässt sich das Ackerland effizienter und auch ökologischer bewirtschaften. Die Melioration umfasst 382 Hektaren in der Gemeinde Blauen und Umgebung.
Auch die Arbeit der Bauern wird damit einfacher: «Früher war es ein Haufen zerstückelter Felder. Es ist immer wieder passiert, dass jemand vergessen hat, einen Teil zu mähen oder Heu einzubringen – die Ernte war dann verloren», sagt Alvar Aebi, selber Bauer in Blauen. «Wir haben viel Zeit mit hin und her fahren verschwendet.»
Der Schlüssel zum Erfolg ist, dass wir alle ins Boot holen konnten und niemand Angst hatte, am Schluss als Verlierer dazustehen.
Vertrauen, Virtual-Reality und ökologische Ausgleichsflächen als Lösung: Auch Blauen konnte den gordischen Knoten erst im zweiten Anlauf lösen – mit einer Vielzahl an Bemühungen. Federführend war das Bundesamt für Landwirtschaft. «Akzeptanz bei den Grundeigentümern und in der Gemeinde war der Schlüssel zum Erfolg», sagt Christian Hofer, Direktor des Bundesamts für Landwirtschaft (BLW). Blauen sei ein Vorzeigeprojekt, auch für die weiteren rund 100 Meliorationen, die in der Schweiz im Gang sind.
Um das Vertrauen zu gewinnen, setzte das BLW auch auf moderne Technik. Der Bevölkerung, den Bauern und Landbesitzern wurden nicht etwa abstrakte Pläne und Landkarten präsentiert, sondern 3D-Darstellungen. Auf Grossbildschirmen oder mit der VR-Brille konnten die Betroffenen die angeblichen Vorteile der Landreform betrachten. «Der Schlüssel zum Erfolg ist, dass wir alle ins Boot holen konnten und niemand Angst hatte, am Schluss als Verlierer dazustehen», sagt BLW-Direktor Hofer.
Darum scheitern Meliorationen oft: Dass Landaufteilungen scheitern, ist eher die Regel als die Ausnahme. Auch die Gemeinde Blauen hat nicht im ersten Anlauf reüssiert: In den 80er Jahren blieb der erste Anlauf einer Melioration erfolglos. Dieter Wissler, langjähriger Gemeindepräsident, erinnert sich: «Der Widerstand war ursprünglich gross. Viele Landbesitzer wollten zum Beispiel ihre eigenen Kirschbäume behalten – und waren zu keinem Tausch bereit.» Verschiedene Erbgemeinschaften hatten sich das Land über Generationen weitergegeben. Versuche, das Land neu aufzuteilen, enden häufig in giftigen Streitfällen.
Zerstückeltes Land - auch wegen eines alten Gesetzes von Napoleon: Bis in die 80er Jahre gehörte das Laufental und damit auch die Gemeinde Blauen zum Kanton Bern. Und dort galt lange noch die Erbteilung aus der Zeit des französischen Kaisers. Diese besagt, dass Grundbesitzer im Todesfall ihr Land auf alle Kinder aufteilen. Das hatte zur Folge, dass der Boden zerstückelt wurde – und in der Folge auch das Leben der Bauern in Blauen schwer machte.