Wärme oder Strom aus dem Boden gewinnen – das ist die Idee hinter der Geothermie. In Zürich diskutiert das Kantonsparlament derzeit darüber, ob man diese Technik wieder aufgreift.
So hat der Kantonsrat Ende Februar ein Postulat von SVP, FDP, EVP und Mitte mit 165 Ja zu 1 Nein an den Regierungsrat überwiesen. Dieser hat nun maximal zwei Jahre Zeit, einen Bericht dazu vorzulegen.
Baudirektor Martin Neukom (Grüne) macht «gerne eine Auslegeordnung», wie er sagte. Man müsse das Potenzial aber realistisch einschätzen. Es werde nicht möglich sein, substantielle Mengen an Strom über Tiefengeothermie zu decken. Die Abklärungen seien aber sinnvoll, weil mehr Stromquellen die Versorgung stabiler machen würden.
Comeback der Geothermie?
Dabei schien das Thema Geothermie in der Schweiz eigentlich schon erledigt. 2013 kam es nämlich wegen Bohrungen im Zusammenhang mit Geothermie zum schwersten Erdbeben, das in der Schweiz je von Menschen verursacht wurde.
In Zürich spricht man nun aber über eine neue Technik, die zur Anwendung kommen soll – die so neu gar nicht ist, denn sie wird auch als Sowjet-Technologie bezeichnet.
Man muss erst einmal nachweisen, dass das auch sicher und kontrollierbar zu betreiben ist. Dieser Nachweis fehlt bislang.
Inga Moeck ist Professorin für Angewandte Geothermik und Geohydraulik an der Universität Göttingen. Sie sieht potenzielle Gefahren. Denn das sogenannte Plasma-Puls-Verfahren wurde bislang noch nicht in der Geothermie angewandt.
«Bei der Technologie wird hohe elektrische Spannung eingesetzt», erklärt Moeck. «Man muss erst einmal nachweisen, dass das auch sicher und kontrollierbar zu betreiben ist. Dieser Nachweis fehlt bislang.»
Die Technologie stammt aus der Kohlenwasserstoff-Industrie. Sie wird angewandt, um Bohrungen wieder zugänglich zu machen, die beispielsweise verschlammt sind. Es geht also darum, kleine Bereiche wieder freizulegen.
«Dass man eine ganze Bohrung abteuft, um Wärme zu gewinnen – das ist in dieser Grössenordnung noch nie durchgeführt worden», führt die Expertin für Geothermie aus. «Wir können noch nicht sagen, was passiert, wenn wir in der freien Natur Starkstrom einsetzen und Lichtbögen erzeugen, um damit eine Bohrung abzuteufen.»
Das entsprechende Vorgehen müsse erst im Labor getestet werden, sagt Moeck weiter. «Ansonsten drohen Schäden durch Hochspannung. Das möchte man keinem Menschen zumuten.»
Konkret sieht Moeck etwa Gefahren, wenn Wasservorkommen im Untergrund mit dem Starkstrom in Berührung kommen. «Es muss sichergestellt werden, dass es nicht zu Unglücken durch Hochspannung kommt.»
Vielversprechende Technologie
Grundsätzlich wird in der Geothermie zwischen der oberflächennahen und der tiefen Geothermie unterschieden.
«Von der tiefen Geothermie verspricht man sich sehr viel. Sie könnte ganze Wärmenetze von Städten bedienen», sagt Moeck. «Die Problematik ist aber, dass man dazu heisses Wasser im Untergrund finden muss, das man nach oben befördert.»
Schliesslich gibt es die petrothermale Geothermie aus der Tiefe, bei der Fracking zum Einsatz kommt. Dabei wird in künstlich vergrösserte Risse und Klüfte unter hohem Druck Wasser eingepresst. Das Wasser erhitzt sich im rund 200 Grad heissen Gestein. «Durch diese unterirdischen Wärmetauscher wird Wasser aufgewärmt und zurück an die Oberfläche geführt», erklärt die Geothermie-Expertin.