Linker, grüner, jünger und weiblicher: So präsentiert sich der am Sonntag neugewählte Nationalrat. Allein aufgrund der Zugewinne der Grünen und der Grünliberalen auf Kosten der traditionellen Parteien gibt es im neuen Nationalrat Mehrheiten für Themen, die bisher keine Chance hatten. Doch nicht nur das.
Klares Ja für mehr Klimaschutz
Die grüne Welle hat auch die bürgerlichen Parteien CVP und FDP erfasst. Dies zumindest legt die Auswertung der Umfrage von Smartvote nahe. Die Wahlhilfe-Plattform hatte vor den Wahlen alle Kandidatinnen und Kandidaten zu verschiedenen Themen befragt. Nun hat Smartvote die Antworten der Gewählten ausgewertet.
Vorausgesetzt, die Gewählten machen nach der Wahl das, was sie vor der Wahl angekündigt haben, dann hat etwa die Gletscher-Initiative im neuen Nationalrat eine überraschend klare Mehrheit. Selbst 80 Prozent der gewählten CVP-Politkerinnen und -politiker unterstützen die Forderung, dass der CO2-Ausstoss der Schweiz bis 2050 auf netto null reduziert wird. Und auch bei der FDP unterstützen 76 Prozent der Gewählten dieses Anliegen.
Das vom Ständerat verabschiedete CO2-Gesetz will ebenfalls eine klare Mehrheit des neuen Nationalrates noch weiter verschärfen. So befürworten gemäss Umfrage sämtliche Fraktionen ausser der SVP und der BDP die Einführung einer CO2-Abgabe auf Benzin. Noch im Dezember hatte sich die bürgerliche Mehrheit im Nationalrat klar dagegen ausgesprochen. Jeweils 76 Prozent der Neugewählten von FDP und CVP unterstützen die Forderung.
Mitte-Links-Allianz in sozialen Fragen
Wie die ersten Analysen nach der Wahl, zeigt auch die Smartvote-Umfrage, dass es im neuen Rat zu ganz unterschiedlichen Mehrheiten kommen wird. Bei sozialen Fragen könnte häufig eine Mitte-Links-Allianz aus SP, Grünen, CVP und Kleinparteien spielen. Diese ist gegen die Erhöhung des Rentenalters auf 67, sie befürwortet strengere Regeln für die Lohngleichheit, und sie fordert die Offenlegung der Parteienfinanzierung.
Bei gesellschaftspolitischen Fragen gibt es im neuen Rat eine klare links-liberale Mehrheit aus SP, Grünen, FDP und GLP. Diese Fraktionen befürworten mehrheitlich etwa die Legalisierung von Cannabis, aber auch die Einführung der Individualbesteuerung. Es könnte also auch in diesen Fragen, über die seit Jahren gestritten wird, eine Neuausrichtung geben.
Alle gegen die SVP
Für einige umweltpolitischen, aber auch für gesellschaftspolitische Anliegen gibt es laut Umfrage bei den Gewählten mittlerweile eine Mehrheit in allen Fraktionen ausser in der SVP.
Dazu gehören die Einführung einer CO2-Abgabe auf Benzin oder die Unterstützung der Gletscher-Initiative. Auch die bis vor kurzem noch umstrittene Ehe für alle dürfte im neuen Nationalrat nur noch von der SVP bekämpft werden. Die Mehrheit der Gewählten aller anderen Fraktionen unterstützt mittlerweile das Anliegen.
Bürgerliche Mehrheit für Kampfflugzeuge
Was früher in der Schweiz der Normalfall war, die klare bürgerliche Mehrheit von SVP, FDP und CVP dürfte im neuen Parlament eine weniger tragende Rolle spielen als bisher.
Immerhin in der Frage der Beschaffung von neuen Kampfflugzeugen oder bei der Ablehnung eines Mindestlohnes von 4000 Franken für alle Arbeitnehmenden sind sich die bürgerlichen Parteien weiterhin einig. Nur SP und Grüne sagen Nein zu neuen Kampfflugzeugen und Ja zum Mindestlohn.