Alt und Jung – im Schweizer Parlament sind beide untervertreten. Wie eine aktuelle Auswertung von SRF Data zeigt. Die Wahlen im Herbst könnten das ändern: Es treten bei verschiedenen Parteien so viele Junge an wie noch nie. Gleichzeitig gibt es immer mehr Seniorenlisten. Doch die Motivationen sind unterschiedlich – ebenso wie die Erfolgsaussichten.
Wir müssen dafür kämpfen, dass das erhalten bleibt.
Benjamin Fischer ist 28 Jahre alt und aktuell Kantonsrat für die SVP Zürich. Nun will er ins nationale Parlament. Er habe sich schon früh für Politik interessiert: «Ich habe mich gefragt, warum es der Schweiz besser geht als anderen Ländern. Auf der ganzen Welt beneidet man die Schweiz – wir müssen dafür kämpfen, dass das erhalten bleibt.»
Fischer kandidiert auf der Hauptliste seiner Kantonalpartei, als zweiter nach den Bisherigen. Seinen guten Listenplatz habe er sich hart erarbeiten müssen – Fischer hat schon vor vier und acht Jahren für den Nationalrat kandidiert, auf weit weniger aussichtsreichen Plätzen. Die meisten Jungen aber kandidieren auf den Listen ihrer Jungpartei, nur ein Teil schafft es auf die Hauptliste.
Kandidieren – für andere
Elsbeth Kaufmann-Tanner aus Schöftland (AG) hat ihre Karriere in der Gemeindepolitik eigentlich längst hinter sich. Nun hat sie sich dennoch für die SP Aargau auf der Seniorenliste aufstellen lassen.
Es ist meine Aufgabe, andere Senioren zum Wählen zu ermuntern.
Sie wolle ihre Bekanntheit in der Region nutzen, um ihrer Partei zusätzliche Stimmen zu bringen. Andere ältere Kandidierende treten auf der Hauptliste der SP an, Elsbeth Kaufmann kandidiert auf der Senioren-Unterliste ihrer Partei.
Ob sie denn gar nicht gewählt werden wolle? «Natürlich wäre es schön, wenn ich gewählt würde, aber das ist sehr unwahrscheinlich. Ich denke, es ist meine Aufgabe, andere Seniorinnen und Senioren zum Wählen zu ermuntern.» Wenn sie nicht selber gewählt wird, gehen die Stimmen, die sie dort holt, an die Hauptliste und damit an die Spitzenkandidaten der SP Aargau.
Das Hauptinteresse der Parteien, ist es, zusätzliche Wählersegmente anzusprechen.
Laut Adrian Vatter, Professor für Politikwissenschaften an der Universität Bern, sind für die Parteien sowohl Junge wie auch Senioren wichtige Stimmenlieferanten. «Das Hauptinteresse der Parteien ist es zusätzliche Wählersegmente anzusprechen.» Erst wenn jemand auf der Hauptliste einer Partei auf einem Listenplatz weit vorne antrete, stiegen die Chancen, gewählt zu werden.
Junge als Nachwuchs, Senioren als Stimmenreservoir
Das Potenzial zu mobilisieren sei vor allem bei den Jungen gross – links wie rechts. Doch die Mobilisierung funktioniere grundsätzlich vor allem über die persönliche Betroffenheit, und die laufe derzeit vor allem über die Klimadebatte. «Bei den anstehenden Wahlen, in denen das Klima im Fokus steht, haben die linken Jungparteien tatsächlich die bessere Ausgangslage.» Trotzdem machten Kandidaturen von Jungen Sinn – sei es auf der Listen der Jungparteien oder den Hauptlisten: «Bei den Jungen geht es insbesondere auch darum, den Nachwuchs zu fördern und dass sie Erfahrungen für später sammeln können.»
Mit den Senioren hat die SP ein wählerstarkes Segment im Visier. «Die Sozialdemokraten waren bei den Älteren lange stark vertreten, inzwischen ist die SVP hier die stärkste Partei. Hier versucht die SP die Senioren zurückgewinnen.» Das dürfte allerdings schwierig werden: Bei den Senioren sei das Potenzial grundsätzlich geringer, da viele bereits abstimmen würden. Sie zum Wechseln zu bringen, sei schwierig. Man müsse sie lediglich nochmals an die Urne bringen. Die Mobilisierung könne hier allenfalls über die Themen Gesundheit und AHV laufen.