Zwei Themen prägen die politischen Diskussionen dieses Jahr besonders deutlich: das Klima und die Gleichstellung. Tausende empfinden Unmut und gehen auf die Strasse. Andere stören sich an diesen thematischen Dauerbrennern und argumentieren dagegen. Wieder andere haben keine klare Meinung dazu.
So oder so ist aber klar: Das Mobilisierungspotenzial bei den Themen Klima und Gleichstellung scheint hoch. Das haben auch die Politikerinnen und Politiker längst gemerkt und positionieren sich darum klar. In der heissen Phase des Wahlkampfs zählt schliesslich jede dazugewonnene Stimme.
Gibt es eine Rekordwahl?
Nun fragt sich, ob sich für die Parlamentswahlen vom 20. Oktober aufgrund der Mobilisierungskraft der zahlreichen Demonstrationen ebenfalls ein hohes Wählerpotenzial ableiten lässt. Beschert die gegenwärtige politische Grosswetterlage der Schweiz gar eine Rekordwahl?
Thomas Milic, Politologe an der Universität Zürich, hat für SRF die aktuellen Zahlen der momentanen Wahlbeteiligung von fünf Schweizer Städten - sowie als Referenzwert die Zahlen von 2015 - analysiert.
Kaum eine höhere Beteiligung
In der Stadt Zürich beträgt der Anstieg der Wahlbeteiligung gegenüber 2015 am gleichem Stichtag (am zweitletzten Donnerstag vor den Wahlen) rund 4 %. Daraus könne man noch keine exakte Prognose ableiten, sagt Milic. Er schätzt vielmehr, dass die Wahlbeteiligung in etwa gleich gross sein wird.
In den Städten Luzern, Basel und St. Gallen fallen die Unterschiede denn auch minimer aus. In Luzern haben nur rund 1.4 Prozent mehr Stimmberechtigte bereits gewählt. In Basel haben indes weniger gewählt als noch vor vier Jahren per gleichem Stichtag: die Abweichung beträgt rund 0.85 Prozent. Und auch in St. Gallen haben bis jetzt weniger Menschen den Wahlzettel abgeschickt, nämlich 0.3 Prozent.
Lediglich in der Stadt Bern ist die Anzahl der eingeschickten Wahlkuverts auffallend höher als noch vor vier Jahren: 16 230 gegenüber 9 750 im Jahre 2015. Die Stadt Bern merkt jedoch an, dass bei diesem Vergleich Vorsicht geboten sei, da die Wahlunterlagen in diesem Jahr wegen neuer Regelungen eine Woche früher an die Stimmberechtigten versendet wurden als im Jahre 2015.
Proteste widerspiegeln nicht die Realität
Auch Milic sieht im früheren Versenden einen der Hauptgründe für diesen gravierenden Unterschied und fügt an, es sei natürlich etwas verführerisch und zugleich aber auch gefährlich, von Demonstrationen und Protesten auf die Haltung der Gesamtbevölkerung zu schliessen. Ein einfacher Grund gebe es dafür, nämlich, dass Protestierende und Demonstrierende in aller Regel eine Minderheit seien und sie meist hoch politische Menschen seien, die so oder so immer an die Urne gehen würden.
Eine erste Prognose sagt gemäss Thomas Milic bei den untersuchten Städten also noch keine massiv höhere Wahlbeteiligung voraus. Ob am 20. Oktober dann doch noch mehr Stimmberechtigte an die Urnen gehen als in anderen Jahren, das wird sich zeigen.