Das gab es schon länger nicht mehr: Gleich beide Aargauer Sitze im Stöckli werden frei, die beiden bisherigen Ständeräte beenden ihre politischen Karrieren in Bern. Pascale Bruderer (SP) und Philipp Müller (FDP) machen Platz für neue Kräfte.
Eine riesige Auswahl an Kandidierenden
Das motiviert offensichtlich: Zehn Kandidatinnen und Kandidaten bewerben sich offiziell für die beiden Sitze. Natürlich wollen die beiden bisher im Stöckli vertretenen Parteien ihre Sitze halten. Die FDP stellt dazu Nationalrat Thierry Burkart aus Baden zur Wahl, die SP tritt mit Nationalrat Cédric Wermuth aus Zofingen an.
Die Aargauer Kandidaturen für den Ständerat
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Bild 1 von 10. Thierry Burkart (FDP). Der 43-Jährige soll für die Aargauer Freisinnigen den Ständeratssitz von Philipp Müller verteidigen. Der Verkehrspolitiker gehört dem Nationalrat seit 2015 an. Zuvor war er 14 Jahre lang im Aargauer Kantonsparlament. Burkart kommt aus Baden. Er ist Rechtsanwalt, Präsident des TCS Aargau und Vorstandsmitglied des Aargauischen Gewerbeverbandes. Bildquelle: Keystone.
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Bild 2 von 10. Cédric Wermuth (SP) . Cédric Wermuth soll den SP-Sitz von Pascale Bruderer verteidigen. Er ist im Freiamt aufgewachsen, heute wohnt er in Zofingen. Seit 2011 ist Wermuth Nationalrat. Von 2014 bis 2018 war der 32-Jährige Co-Präsident der SP Aargau. Zuvor präsidierte er von 2008 bis 2011 die Juso Schweiz. Wermuth arbeitet als Strategieberater. Bildquelle: Keystone.
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Bild 3 von 10. Hansjörg Knecht (SVP). Der 59-jährige Unternehmer aus Leibstadt betreibt eine Mühle und ist seit 2011 im Nationalrat. Er will für die wählerstärkste Partei im Aargau den 2011 an die SP verlorenen Ständeratssitz zurückerobern. Knecht bezeichnet sich selber als «Sachpolitiker». Er ist unter anderem Präsident des Aargauer Hauseigentümerverbandes. Bildquelle: Keystone.
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Bild 4 von 10. Marianne Binder (CVP). Für die Aargauer Christ-Demokraten steigt Marianne Binder ins Rennen. Die 60-jährige Badenerin ist seit April 2013 im Grossen Rat. Seit Anfang 2016 ist sie Präsidentin der CVP Aargau. Marianne Binder arbeitet als Kommunikationsberaterin. Bis 2013 war sie Kommunikationschefin der CVP Schweiz. Bildquelle: Keystone.
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Bild 5 von 10. Ruth Müri (Grüne). Die Aargauer Grünen haben Ruth Müri für eine Ständeratskandidatur nominiert. Sie ist Stadträtin in Baden. Hier ist sie für das Ressort Bildung zuständig. Dazu politisiert sie als Grossrätin im Kanton Aargau. Die 48-Jährige ist diplomierte Geografin. Sie ist verheiratet und hat zwei Töchter. Bildquelle: ZVG.
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Bild 6 von 10. Maya Bally (BDP):. Die BDP Aargau setzt auf die Karte Frau: Maya Bally (57) ist seit sechs Jahren im Grossen Rat. Sie ist vor allem als Bildungspolitikerin bekannt. Zwölf Jahre war sie Präsidentin der Schulpflege Hendschiken. 2016 kandidierte sie für den Aargauer Regierungsrat und kam im 2. Wahlgang auf den 3. Platz hinter Franziska Roth (SVP) und Yvonne Feri (SP). Bildquelle: zvg.
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Bild 7 von 10. Beat Flach (GLP). Der Jurist mit Jahrgang 1965 hat es 2011 auf Anhieb für die Grünliberalen in den Nationalrat geschafft. Zuvor sass er vom März 2009 bis November 2011 im Aargauer Grossen Rat. Beat Flach lebt in Auenstein und arbeitet als Jurist im Baubereich. Seine berufliche Karriere hatte er aber als Matrose auf dem Rhein gestartet. Bildquelle: Keystone.
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Bild 8 von 10. Roland Frauchiger (EVP). Für die Aargauer EVP will Roland Frauchiger einen Sitz in der kleinen Kammer erobern. Frauchiger ist Gemeindeammann von Thalheim, Wirt und unabhängiger Management-Coach. Zuvor war der 59-Jährige Chef der Amag-Gruppe, einem grossen Auto-Importeur. Er sitzt seit 2014 im Grossen Rat. Bildquelle: ZVG.
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Bild 9 von 10. Jean-Pierre Leutwyler (FW). Der Badener Bezirksrichter und ehemalige Grossrat der GLP ist inzwischen parteilos und hat die Gruppierung «Freie Wähler» initiiert für die Wahlen 2019. Er hatte 2015 in Baden auch für den Stadtrat kandidiert, allerdings erfolglos. Bildquelle: zvg.
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Bild 10 von 10. Pius Lischer. Der IV-Rentner und gelernte Autolackierer aus Oberrüti im Freiamt tritt als Vertreter der Gruppierung «Neue Bundesverfassung» an. Er kandidiert seit Jahren für verschiedene Ämter, vom Gemeinderat über den Regierungsrat bis zum Bundesrat, allerdings bisher immer ohne Erfolg. Bildquelle: SRF.
Auch die SVP erhebt Anspruch: Sie will mit Nationalrat Hansjörg Knecht aus Leibstadt den 2011 an die SP verlorenen Sitz wieder zurückgewinnen. Die CVP tritt mit Kantonalparteipräsidentin Marianne Binder zur Wahl an, die BDP portiert Grossrätin Maya Bally, die Grünliberalen Nationalrat Beat Flach. Zudem buhlen auch die Grünen mit der Badener Stadträtin Ruth Müri und die EVP mit Grossrat Roland Frauchiger um einen Sitz.
Jean-Pierre Leutwyler (Freie Wähler) aus Baden und Pius Lischer (Neue Bundesverfassung) aus Oberrüti im Freiamt wollen ebenfalls gewählt werden, sind aber im Umfeld der etablierten Kandidaturen chancenlos.
Die grosse Zahl der Kandidierenden führt wohl dazu, dass im ersten Wahlgang noch kein Sitz besetzt wird. Es ist nämlich fraglich, ob jemand das absolute Mehr an Stimmen erreicht - rund ein Viertel aller Stimmen sind dazu notwendig. 2015 schaffte nur die bisherige und weit über ihre Parteigrenzen hinaus beliebte Pascale Bruderer die Wahl bereits im ersten Anlauf.
Wenn jemand bereits im ersten Wahlgang am 20. Oktober gewählt wird, dann ist es Thierry Burkart von der FDP. Der FDP-Politiker ist als ehemaliger Präsident des TCS Aargau und Vizepräsident des TCS Schweiz gut vernetzt und medial sehr präsent. Burkart selber gibt sich skeptisch und schliesst nicht aus, dass auch er in den zweiten Wahlgang muss.
Offenes Rennen im zweiten Wahlgang
Sollte Burkart tatsächlich im ersten Wahlgang den Sprung in den Ständerat schaffen, wäre im zweiten Wahlgang am 24. November buchstäblich alles möglich. Es könnte sein, dass dann noch Hansjörg Knecht (SVP), Marianne Binder (CVP) und Cédric Wermuth (SP) im Rennen sind. Sie dürften im ersten Wahlgang hinter Burkart am meisten Stimmen machen.
Da Thierry Burkart ein klar bürgerlich denkender Politiker ist, könnten sich viele Wählerinnen und Wähler im zweiten Wahlgang von der Devise leiten lassen «Hauptsache nicht Knecht». Denn mit Burkart und Knecht wäre der Kanton Aargau im Ständerat durch zwei Politiker von mitte-rechts und ganz rechts vertreten.
Dieses Szenario könnte Marianne Binder Stimmen bringen. Sie könnte Wähler von der FDP abholen und auch solche aus der Mitte. Sie selbst hofft nicht zuletzt darauf, dass sie auch weibliche Stimmen von links erhält, weil diese vielleicht lieber eine «richtige» Frau als den selbst deklarierten «Feministen» Cédric Wermuth wählen. Allerdings: Binder vertritt einige Positionen, die links der Mitte nicht mehrheitsfähig sind - das Potential dürfte beschränkt sein.
Und auch Wermuths Chancen könnten steigen, wenn sich im zweiten Wahlgang eine Abwehrfront gegen Hansjörg Knecht bilden sollte. Würde sich das links-grüne Lager – verstärkt durch einige Stimmen aus der Mitte – geeint hinter den SP-Kandidaten stellen, könnte am Schluss der pointiert links politisierende Wermuth den Sprung in die kleine Kammer schaffen.
Wohin gehen die Stimmen der FDP?
Sollte Burkart ebenfalls in einen zweiten Wahlgang verwiesen werden, kann er sich immer noch gute Chance auf die Wahl ausrechnen, denn er ist sowohl für die FDP wie auch für die SVP wählbar. Diese Stimmen sollten reichen, um am meisten Stimmen zu holen.
Nicht so klar ist, wie gross das Stimmenpotenzial für Hansjörg Knecht ist. Er hat die SVP-Wähler auf sicher. Aber für viele FDP-Mitglieder ist er nicht wählbar, wegen seiner Einstellung zu Europa.
Deshalb könnte auf vielen Wahlzetteln von FDP-Wählenden neben Burkart auch der Name Binder stehen. Aber auch die Kombination Wermuth und Binder auf einem Wahlzettel ist denkbar, für Wählende, die eine Mitte-links-Paarung bevorzugen.
Eine Überraschung für Sitz Nummer 2?
Wer im zweiten Wahlgang ausschliesslich links stimmen will, wird die Namen Wermuth und Müri auf den Zettel schreiben, falls die Grüne Müri in einen zweiten Wahlgang geht. Vielleicht ist aber auch Nationalrat Beat Flach für eine Überraschung gut, nämlich dann, wenn sein Name wegen des Höhenfluges seiner Partei ein unerwartet gutes Resultat erzielen sollte.
Fazit: Bei den Ständeratswahlen im Aargau kann man mit einiger Wahrscheinlichkeit voraussagen, dass Thierry Burkart den FDP-Sitz halten kann. Wer den Sitz von Pascale Bruderer holt, ist hingegen sehr offen, denn es gibt unzählige Wahl-Kombinationen. Diese Situation könnte im zweiten Wahlgang im November, in dem nur das relative Mehr zählt, vielleicht für einen unerwarteten Wahlausgang sorgen.