- Am Mittwochnachmittag gab die Aargauer Regierungsrätin Franziska Roth nach etwas mehr als zwei Jahren im Amt überraschend ihren Rücktritt bekannt.
- Hintergrund des Rücktritts ist ein monatelanger Streit mit ihrer ehemaligen Partei SVP, aus der Roth kürzlich ausgetreten ist sowie Kritik an ihrer Amtsführung und Kommunikation.
- Der freie Sitz in der Aargauer Regierung soll am Wahltag vom 20. Oktober neu besetzt werden.
- Weil an diesem Datum aber ebenfalls National- und Ständeratswahlen stattfinden, sind die Parteien gefordert: Sowohl bei der Suche nach geeigneten KandidatInnen, als auch bei strategischen Fragen.
Das Kandidatenfeld: Aktuell können die Aargauer Parteien noch nicht sagen, ob und schon gar nicht mit wem sie allenfalls zur Regierungswahl antreten. Auf Anfrage von SRF sagen verschiedene ParteivertreterInnen, man prüfe eine Kandidatur, es sei aber noch nichts entschieden.
Die Rolle der SVP: Die wählerstärkste Partei im Aargau steht vor einer schwierigen Ausgangslage. Einerseits hatte sie stets ihren Anspruch auf einen zweiten Regierungssitz (neben jenem von Bildungsdirektor Alex Hürzeler) betont, andererseits hatte sie dann bei den letzten Wahlen die politisch unerfahrenene Franziska Roth gegen alle Widerstände «durchgeboxt», was angesichts der jüngsten Ereignisse ein klarer Fehler war.
Ob und mit wem die Partei versuchen wird ihren Sitz zu verteidigen, ist offen. Man wolle zuerst in Ruhe analysieren, heisst es auf Anfrage bei der SVP.
FDP in der Zwickmühle: Speziell ist auch die Rolle der FDP. Die Freisinnigen haben bei den letzten Wahlen auf eine Kandidatur verzichtet und nach einigen Diskussionen schliesslich offiziell SVP-Kandidatin Roth unterstützt, sie haben explizit den Anspruch der SVP auf einen zweiten Sitz akzeptiert.
Die FDP könnte nun aber versucht sein eine eigene Kandidatur aufzubauen und sich so dem Vorwurf aussetzen den SVP-Anspruch damit zu ignorieren. Dies könnte wiederum das Klima zwischen den beiden bürgerlichen Parteien SVP und FDP im Hinblick auf die nationalen Wahlen belasten.
Linke können unbeschwerter ins Rennen: Die SP hat bereits am Tag von Franziska Roths Rücktritt Ansprüche auf den freien Regierungssitz angemeldet, wenn nicht für sich selber, so doch mindestens für eine Kandidatur links der Mitte. Das Mitte-Links-Lager sei heute im Regierungsrat untervertreten heisst es bei den Sozialdemokraten.
Für die linken Parteien könnte es ein Vorteil sein, dass die SP (und auch die Grünen) viel unbelasteteter als die Bürgerlichen in den Wahlkampf steigen können, schliesslich hatten sie Roth nie unterstützt. Ausserdem hat die Linke nichts zu verlieren und kann somit in die Offensive.
Ob es allerdings eine oder zwei linke KandidatInnen geben wird, das sei noch offen, heisst es am Donnerstag auf Anfrage. Sicher ist: In den Reihen der SP und der Grünen gibt es bestimmt genügend Frauen, die kandidieren könnten.
Die Frauenfrage: Mit Franziskat Roth ist die einzige Frau aus der Aargauer Regierung zurückgetreten. Der Druck auf die Parteien, eine Frau als Nachfolgerin zu nominieren, dürfte im Lauf der Nominationen entsprechend gross sein. Und gerade im Jahr des Frauenstreiks dürfte die Frauenfrage auch im Wahlkampf ein Thema sein.
Kleinparteien könnten das Feld weiter aufmischen: Die Gelegenheit dank der Regierungswahlen noch zusätzliche Aufmerksamkeit und Publizität zu erhalten ist für alle Parteien verlockend. Dies könnte auch BDP, EVP und GLP zu einer Kandidatur anspornen, schliesslich buhlen auch diese Parteien bei den nationalen Wahlen um Stimmen. Ein solchermassen geweitetes KandidatInnenfeld würde die Situation weiter komplizieren und wohl einen zweiten Wahlgang provozieren.
Es könnte eine wahre Flut von KandidatInnen geben: Neben den bürgerlichen, den linken und den kleinen Parteien, könnten sich schliesslich auch noch die Mitteparteien CVP und GLP zu einer Kandidatur für den freien Regierungssitz entschliessen, nicht zuletzt, um im Aufmerksamkeitsrennen der nationalen Wahlen nicht ins Hintertreffen zu geraten.
Falls sich alle diese Parteien für den freien Sitz von Franziska Roth bewerben, könnten sich die Wählerinnen und Wähler am 20. Oktober mit einer sehr stolzen Anzahl Namen auf dem Wahlzettel konfrontiert sehen.