Plakatwälder, Flyer in den Briefkästen, Werbevideos – der Wahlkampf ist in vollem Gange. Über 4’400 Schweizerinnen und Schweizer kandidieren für einen Sitz im Parlament. Die Investitionen gehen in die Millionen. Doch wer bezahlt? Das ist oft nicht klar. Die Schweiz ist eines der wenigen Länder in Europa, die kein nationales Gesetz zur Transparenz von Parteien und Wahlkämpfen kennen. Die Parteien müssen somit nicht offenlegen, woher ihr Geld kommt. Weil der Wahlkampf vor allem auf kantonaler Ebene stattfindet, haben RTS und SRF alle 188 kantonalen Parteisektionen, die einen Kandidierenden stellen, gebeten, ihre Budgets und deren Herkunft offenzulegen.
Mehr als vier von fünf Sektionen erklärten sich bereit, die Fragen zumindest teilweise zu beantworten. 14 Prozent weigerten sich, ihr Kampagnenbudget offenzulegen. 3 Prozent ignorierten die Anfragen trotz mehrfachem Nachhaken. Die folgende Grafik zeigt nach Parteien und nach Kantonen, wie transparent die einzelnen Sektionen mit ihren Wahlkampfbudgets sind.
So transparent sind die Parteien in den Kantonen
Transparenz gewinnt an Bedeutung
Die Befragung zeigt: Je linker die Parteien, desto transparenter sind sie. Die kantonalen Sektionen von SP, Grünliberalen, EVP und den Grünen haben alle ihre Kampagnenbudgets deklariert. Das war bereits vor vier Jahren so, als RTS dieselbe Umfrage machte. Die grösste Veränderung in der Transparenz-Frage verzeichnen die CVP und vor allem die FDP. Während 2015 nur 9 FDP-Sektionen ihre Budgets veröffentlichten, tun dies heute doppelt so viele. Nur bei den SVP-Sektionen weigert sich nach wie vor die Hälfte, ihre Kampagnenbudgets offenzulegen. «Die Parteienfinanzierung ist eine private Angelegenheit», kommentierten einige der SVP-Sektionen.
17 Millionen aus den Kantonen
Insgesamt wurden in der RTS-Umfrage mehr als 25 Millionen Franken deklariert – so viel wie noch nie. Einerseits rund 8 Millionen aus dem Schatzkasten der nationalen Parteien. Andererseits werden mehr als 17 Millionen von den kantonalen Sektionen bereitgestellt. Diese Zahlen basieren auf Selbstdeklarationen der Parteien und sind nicht nachprüfbar.
Und ein Teil der tatsächlichen Gelder fehlen. Vor allem wegen der SVP, die für ihre grossangelegten Kampagnen bekannt ist, sich aber weigert, ihr Wahlkampf-Budget anzugeben. Ebenso fehlen die Beträge, welche die Kandidierenden persönlich einbringen, etwa durch Sponsoring oder Eigenkapital.
Die Summe der transparent gemachten Wahlkampfbudgets ist damit gegenüber 2015 um rund zwanzig Prozent gestiegen, als die Parteien rund 21 Millionen Franken deklarierten. Der Anstieg ist aber vor allem auf die höhere Zahl der in diesem Jahr eingegangenen Antworten zurückzuführen.
In Zürich wurde die Summe der Budgets beispielsweise durch die Antworten der FDP (850'000 Franken) und der CVP (130'000 Franken) erhöht, die 2015 noch nicht transparent waren. Zusammen mit der Erhöhung des Budgets der SP von 600'000 auf 1 Mio. Franken erreichen die deklarierten Ressourcen im Kanton Zürich damit 2.7 Millionen Franken – gegenüber 1.5 Millionen im Jahr 2015.
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Zwischen 100'000 und 200'000 Franken pro Sitz
Da nicht alle Parteien ihre Budgets offenlegen, ist es nicht möglich zu wissen, wer über die grösste Kasse verfügt. Die FDP, die trotz fünf intransparenter Sektionen das grösste kumulierte Budget von etwa 7.5 Millionen offenlegt, wäre sicher ein Anwärter. Es folgen die SP (6.4 Millionen) und die CVP (4.3 Millionen, 5 intransparente Sektionen).
Diese drei Parteien verfügen über weitaus mehr Ressourcen als die Grünen (1.9 Millionen), die GLP (1.6 Millionen) und die BDP (1 Million, drei intransparente Sektionen). Über der SVP schwebt noch immer ein grosses Fragezeichen, da die unvollständigen Daten eine Schätzung ihrer Ressourcen nicht zulassen.
Für die transparenten Parteien ist es so möglich, zu berechnen, wie viel Geld sie für einen Sitz budgetieren – angenommen, sie wollen sämtliche ihrer Sitze halten. Bezogen auf die Anzahl der aktuellen Sitze im Parlament budgetiert die SP so rund 119'000 Franken pro Sitz, die Grünen 159'000 Franken und die GLP rund 206'000 Franken. Die Rechnung ist aber auch pro im Kanton wohnenden Stimmberechtigten möglich. So gibt die SP in Zürich pro potenziellen Wähler durchschnittlich 1.10 Franken aus – in Basel-Stadt hingegen das dreifache.