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Das Gespräch mit Walter Thurnherr
Aus 10 vor 10 vom 14.12.2023.
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Abtretender Bundeskanzler Was braucht es, dass der Bundesrat funktioniert, Herr Thurnherr?

Acht Jahre lang war Walter Thurnherr Bundeskanzler. Im Interview erklärt er, was es braucht, dass der Bundesrat als Gremium gut funktioniert und welche Herausforderungen die Schweiz bewältigen muss.

Walter Thurnherr

Abtretender Bundeskanzler

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Bundeskanzler Walter Thurnherr war seit dem 1. Januar 2016 der Stabschef des Bundesrates. Am 1. Januar 2024 gibt der 60-Jährige sein Amt ab.

SRF News: Herr Bundeskanzler, Sie haben sich heute schon mit dem neuen Bundesrat Beat Jans getroffen. Was haben Sie ihm gesagt?

Walter Thurnherr: Heute ist es darum gegangen, was die nächsten Tage läuft. Er hat ein ziemliches Programm.

Was erwartet denn den neuen Bundesrat?

Ganz viele Briefings, zu den Rechten und Pflichten eines Bundesrates, mit den neuen Bundesämtern. Er muss eine ganze Reihe von Sachgeschäften studieren. Er bekommt ein neues Departement, ein neues Büro, er muss die ersten Personalfragen lösen.

In der Schweiz heisst es oft: Bundesrat werden nicht die Besten, sondern die, die am wenigsten Ecken und Kanten haben. Stimmt das?

Nein. Man weiss einfach vorher nicht genau, wen man genau wählt. Hin und wieder ist man überrascht, wenn man einen gewählt hat, von dem man meinte, er sei einfach im Umgang, und dann hat er mehr Ecken und Kanten als gedacht. Und umgekehrt.

Was braucht es denn, dass der Bundesrat wirklich gut funktioniert?

Es braucht den gemeinsamen Willen, einen Entscheid konstruktiv von allen Seiten zu beleuchten und dann gemeinsam zu vertreten. Wenn diese Voraussetzung erfüllt ist, dann kommt es manchmal gar nicht so schlecht.

Das sollte doch selbstverständlich sein, dass der Bundesrat gemeinsam Probleme lösen will.

Der Bundesrat kommt aus verschiedenen Parteien, es ist eine breite Konkordanz, und da ist es wichtig, dass jeder seine Aspekte, seine Perspektiven, seine Interessen einbringt. Es ist gar nicht so selbstverständlich, dass man sich auf einer gemeinsamen Position findet, die dann auch jeder gegen aussen vertreten kann, ohne dass man sich total verleugnen muss. Daher ist es eine ziemliche Übung.

Sie haben gestern in Ihrer Abschiedsrede vor der Bundesversammlung gesagt: «Habt Sorge zur Schweiz». Worüber müssen wir uns sorgen?

Um die Voraussetzungen für die direkte Demokratie. Eine direkte Demokratie ist nicht einfach eine regelmässige Wiederholung von Konsultationen oder Abstimmungen. Eine direkte Demokratie fusst auf Voraussetzungen, die vielfältiger sind. Deshalb haben auch so wenige Staaten eine direkte Demokratie.

Es kommt auf den Ausgleich zwischen Reich und Arm an, die Förderung von Meinungsbildung und Medienvielfalt, Sprachenfrieden, eine gute wirtschaftliche Situation. Das sind Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, damit wir überhaupt funktionieren können, wie wir funktionieren.

Es kommt auf den Ausgleich zwischen Reich und Arm an, die Förderung von Meinungsbildung und Medienvielfalt, Sprachenfrieden, eine gute wirtschaftliche Situation.

Wenn nur eines dieser Elemente nicht richtig funktioniert, zum Beispiel die wirtschaftliche Situation, oder dass reichere Kantone ärmere unterstützen, dann wird das sehr schnell bemerkbar in einer direkten Demokratie.

Was sehen Sie vor allem unter Druck?

Es gibt verschiedene Aspekte. Was wir fast nie auf dem Radar haben, ist der Unterschied zwischen der deutschen und der französischen Schweiz. Wir sprechen Deutsch und Englisch in der deutschen Schweiz oder Französisch und Englisch in der welschen Schweiz. Aber wer spricht schon Deutsch, Französisch und Englisch?

Man muss sich verstehen, um eine gemeinsame politische Basis zu finden.

Es ist eine gefährliche Tendenz, dass sich die Menschen nicht mehr miteinander unterhalten. Man muss sich verstehen, um eine gemeinsame politische Basis zu finden.

Worauf freut sich Walter Thurnherr nach über 30 Jahren Staatsdienst am meisten?

Zuerst mal Pause machen. Und dann gibt es sicher Dinge, die ich lieber machen werde als Bundesratsgeschäfte anschauen.

Das Gespräch führte Urs Leuthard.

10vor10, 14.12.2023, 21:50 Uhr ; 

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