Gut zwei Wochen nach der Wahlniederlage fand die Delegiertenversammlung der Berner Grünen statt. Die Stimmung ist schon wieder aufgeräumt, zuweilen gar gut gelaunt. «Es ist ein steter Aufwärtstrend, mit kleinen Rückschlägen. Die tun weh, aber wir schauen voraus», sagt Christoph Grupp, Co-Präsident der Grünen-Fraktion im Berner Kantonsparlament.
Zu schlecht dürfe man das Bild nicht zeichnen, erklärt auch das Präsidium. 9.8 Prozent Wählerinnen- und Wähleranteil schweizweit. Gerundet seien das immer noch die zehn Prozent, das grosse Ziel. Die Grünen applaudieren. Das zweitbeste Ergebnis. Eigentlich geht das ja noch.
Und schon kehren die Grünen zurück zu ihren Kernthemen. Autobahnausbau im Kanton Bern, Autobahnausbau schweizweit, neue Tunnel, neue Spuren – «Geht’s eigentlich noch?», so der Tenor.
Beim Apéro wird angestossen: «Ich stosse darauf an, dass die Grünen eines der besten Wahlergebnisse in ihrer Parteigeschichte erzielen konnten», sagt Tim Grunder aus Siselen. «Natürlich muss man sich immer fragen, was man besser machen kann. Aber man muss nichts schwarzmalen.» Die SP habe schliesslich gewonnen. Und so seien gar nicht so viele Sitze aus dem linken Lager verloren gegangen.
Andere sehen das Ergebnis kritischer, etwa Franziska Grossenbacher aus Muri. Tragisch seien die Verluste. Aber: Die Grünen als Bewegung seien stark gewachsen. «Wir sind in den Gemeinden gut verankert und haben sehr viele Personen in den Parlamenten und in den Regierungen, sowohl kantonal als auch in den Gemeinden. Das macht uns als Bewegung stark.»
Die Grünen wollen einen Sitz im Bundesrat
Und deshalb sei es auch richtig, jetzt für den Bundesrat anzutreten – im Wissen um die geringen Chancen. So erklärt es die kantonale Co-Präsidentin Brigitte Hilty Haller.
Sie ist damit nicht alleine: «Es wird schwierig werden. Aber ich finde es einen guten Schritt in die richtige Richtung. Und ich hoffe, dass es gelingt, trotz allem», heisst es etwa. Oder: «Der Rückschlag ist ja nicht so gross, dass wir nicht mehr Anspruch hätten auf einen Bundesratssitz.» Hoffnung wird in Andrey gesetzt: «Mit Gerhard Andrey haben wir einen perfekten Kandidaten.» Denn: «Das Klima muss im Bundesrat vertreten sein.»
Es sind neue Töne von den Grünen, die nach den Wahlen 2019, mit dem historisch besten Resultat noch gezögert hatten, überhaupt anzutreten. Und der Anspruch wird von der Basis fast geschlossen mitgetragen.
Vereinzelte verhaltene Stimmen
Fast. Ganz zum Schluss äussert sich Ursula Schaffner aus Seewil vor dem Mikrofon zur Bundesratskandidatur: «Ich bin nicht grundsätzlich dagegen, aber mit diesem Parlament, das wir haben, mit diesem Bundesrat, den wir haben, würden wir ein Feigenblatt abgeben, das sich grösstenteils nach rechts verbiegen muss.» Und da, sagt Schaffner, sollten die Grünen nicht mittun. Wann denn der richtige Moment für den grünen Bundesratssitz komme, wisse sie auch nicht so genau.
Es gibt also noch verhaltene Stimmen bei den Grünen. Aber sie sind leiser geworden. Und an der Grünen-Basis wird trotz Wahlniederlage immer deutlicher hörbar: Eigentlich gehe es nicht mehr ohne grünen Bundesrat.