Die 200 gewählten Mitglieder des Nationalrats vertreten die Schweizer Bevölkerung. Das ist das Selbstverständnis der grossen Kammer. Doch wie repräsentativ ist der Nationalrat tatsächlich? Dazu hat SRF News die Daten der gewählten Volksvertreterinnen und -vertreter mit der Bevölkerungsstatistik verglichen.
Jacqueline Badran (SP/ZH), Erich Hess (SVP/BE) und Franziska Ryser (Grüne/SG) haben alle etwas gemeinsam: Sie wohnen in grossen Städten. Wie sie bezeichnet fast ein Viertel des Nationalrats eine der zehn grössten Schweizer Städte als ihr Zuhause. Damit ist die grosse Kammer «städtischer» als die Bevölkerung.
Mit den Wahlen haben ältere Politikerinnen ihren Platz geräumt; Jüngere rücken nun nach. Dennoch ist der Nationalrat älter als der Durchschnitt. Laut Bundesamt für Statistik (BFS) liegt das Durchschnittsalter der Schweizer Erwerbsbevölkerung bei 42 Jahren. In der grossen Kammer sind es laut Smartvote 49.7 Jahre.
Vergleicht man die Altersstruktur des Nationalrats mit jener der Bevölkerung, zeigen sich Lücken. Ganz junge Erwachsene sind in der grossen Kammer überhaupt nicht vertreten. Personen um die 30 Jahre und jene im Pensionsalter sind deutlich untervertreten.
Der Nationalrat ist nicht nur älter als der Durchschnitt, sondern auch männlicher. Und im Vergleich zu den Wahlen 2019 sitzen bald noch weniger Frauen im Bundeshaus. Der Frauenanteil sinkt von 42 auf 38.5 Prozent.
Beim Bildungsstand zeigt sich: Wer im Nationalrat politisiert, braucht ein breites Wissen, um die komplexen Zusammenhänge der Geschäfte zu verstehen. Nicht verwunderlich also, dass die Mitglieder des neu gewählten Parlaments einen gut gefüllten Bildungsrucksack mitbringen.
Das Bildungsniveau unterscheidet sich deutlich von jenem der gesamten Bevölkerung: Knapp 45 Prozent der Bevölkerung haben an einer Hochschule studiert oder eine höhere Berufsbildung absolviert. Im Nationalrat beträgt der Wert 87.5 Prozent.
Neben hoch Gebildeten sind auch Bäuerinnen und Bauern stark im Nationalrat vertreten. In der Schweiz arbeiten je nach Statistik 106'000 bis knapp 150'000 Menschen in der Landwirtschaft. Gemessen an allen Erwerbstätigen hierzulande sind das zwei bis drei Prozent. Im Vergleich dazu ist im neu gewählten Nationalrat jede zehnte Person direkt in der Landwirtschaft tätig, wie eine Auswertung von Smartvote zeigt.
Die Bauern-Lobby ist bei diesen Wahlen zusätzlich erstarkt. Die Zahl der Nationalrätinnen und Nationalräten, die der Landwirtschaft nahestehen, ist von 20 auf 30 gestiegen.
Bei den Daten von Smartvote zu den gewählten Mitgliedern des Nationalrats muss beachtet werden, dass ein Teil der Informationen auf der Selbstauskunft der Personen basiert. In Bezug auf den Zivilstand haben 52 der 200 Mitglieder den Fragebogen nicht beantwortet. Deshalb ist ein Vergleich mit der Bevölkerung nicht vollkommen aussagekräftig.
Trotz fehlender Angaben zeigt sich, dass fast die Hälfte aller Mitglieder des Nationalrats verheiratet ist oder in einer eingetragenen Partnerschaft lebt. In der Bevölkerung liegt der Wert bei rund 41 Prozent.
Anhand der verschiedenen Zahlen scheint der neue Nationalrat die Bevölkerung nicht eins zu eins abzubilden. Auch in früheren Jahren war das nicht anders. Ob die grosse Kammer eine Politik für die Mehrheit des Volks macht, zeigt sich schliesslich in der anstehenden Legislatur.