Zuerst nach London: Die «Financial Times» sagt, der Erfolg der SVP habe den Aufschwung populistischer Parteien in ganz Europa bestätigt. Das schreibt auch die «Süddeutsche Zeitung». Gemäss der «Financial Times» signalisiert das starke Abschneiden der SVP die Unzufriedenheit in der Wählerschaft nach vier turbulenten Jahren. «Die SVP hatte sich gegen Covid-19-Massnahmen gewehrt und kritisierte jüngst die Beteiligung an den Sanktionen gegen Russland scharf», schrieb die «Financial Times». Innenpolitische Anliegen hätten den Wahlkampf dominiert, wobei die SVP am stärksten in Erscheinung trat.
Gemäss einem Kommentar in der «Süddeutschen Zeitung» hat der neu aufgeflammte Krieg in Nahost der SVP zum Wahlsieg verholfen. Insofern decke sich die schweizerische Entwicklung mit der in vielen europäischen Nachbarstaaten: Auf Konflikte, Krisen und Unsicherheit reagierten viele Wählerinnen und Wähler, indem sie für Parteien stimmten, die sich für Abgrenzung und eine Besinnung aufs Nationale einsetzten. Interessant im Vergleich zu den Entwicklungen im restlichen Europa sei das relativ gute Abschneiden der SP.
Schwierige Zeiten für Liberalismus und Klimaschutz
Die «NZZ» schreibt, für den Liberalismus seien schwierige Zeiten angebrochen, da die Menschen in unsicheren Zeiten nach mehr Staat statt Selbstverantwortung riefen. «Der Glaube an freie Grenzen und freie Märkte hat in den vergangenen Monaten gelitten.» Die FDP habe ihren Wähleranteil mehr oder weniger halten können, doch die Konkurrenz der Mitte und die Dominanz der SVP treffe die Partei hart, schreibt die Zeitung. Obwohl das Parlament nach rechts gerückt sei, bedeute dies nicht automatisch mehr bürgerliche Politik. «Gewonnen haben die, die Sicherheit versprechen. Auch wenn es eine falsche ist.»
Aus der Sicht des «Tages-Anzeigers» haben die Grünen darin versagt, die Dringlichkeit ihres Kernanliegens zu vermitteln. Das Scheitern der Grünen verdeutliche ein Grundsatzproblem der Klimabewegung: «Sie hat sich in weiten Teilen vom Diskurs der Mehrheitsgesellschaft abgekoppelt», schreibt der «Tagi». «Klimakleber» und Anverwandte würden einen Grossteil der Menschen mit ihrem Radau verschrecken, obwohl sie auf deren Unterstützung angewiesen wären. «Den Grünen konnte das nur schaden, zumal die Partei nie zu einer kohärenten Position gegenüber den Radikalen gefunden hat.»
Wie die anderen Medien argumentiert der «Tages-Anzeiger», dass in Zeiten von Krieg und Wirtschaftsnot die Leute tendenziell bürgerlich wählen würden.
Laut der «Aargauer Zeitung» habe die SVP von der thematischen Grosswetterlage profitiert. Die Partei habe einzig auf ein Thema gesetzt, nämlich die Migration. «Der Begriff der 10-Millionen-Schweiz war wahlkampftechnisch ein Geniestreich.» Aus Sicht der «Südostschweiz» habe auch die Angst vor dem Wolf der SVP in die Karten gespielt. Die zunehmende Angst habe die SVP mithilfe des Bundesrats Albert Rösti geschickt befeuern können.
Verluste der Grünliberalen bis jetzt kein Thema
Im Gegensatz zu den Grünen (-5 Sitze) verzeichnen die Grünliberalen (-6 Sitze) einen grösseren Verlust. Dass in der Presse vor allem von den Grünen die Rede ist, dürfte daran liegen, dass sich die Sitzverluste der GLP erst zu einem späten Zeitpunkt abzeichneten.