Bei den Grossratswahlen von 2020 sind im Wahlbüro in Frauenfeld Stimmzettel vertauscht worden. Die SVP hat dabei profitiert, die GLP hat einen Sitz zu wenig erhalten. Als Folge davon ist im letzten August im Parlament eine parteiübergreifende Motion eingereicht worden, die mehr Sicherheit bei Wahlen und Abstimmungen fordert. Das Kantonsparlament, der Thurgauer Grosse Rat, hat diesen Vorstoss abgeschmettert – klar mit 73 zu 37 Stimmen und damit unter den Fall «Wahlbetrug in Frauenfeld» mindestens auf politischer Ebene einen Schlussstrich gezogen.
Die Wahlfälschung ist ein bedauerlicher und einmaliger Ausnahmefall.
Der Vorstoss hat gefordert, dass eine Plausibilitätsprüfung der Resultate, eine verstärkte Kontrolle in den Wahlbüros und der Grundsatz «Sorgfalt vor Tempo» im Gesetz festgeschrieben werden sollten. Der Regierungsrat lehnte diese Forderungen ab und verwies auf einen Bericht zur Wahlfälschungs-Affäre, den die Staatskanzlei im November vorgelegt hatte.
Es nervt mich grausam. Diese Haltung – bei uns ist alles o.k. – ist ganz einfach ein falsches Zeichen nach aussen.
Die Wahlfälschung sei ein «bedauerlicher und einmaligen Ausnahmefall» gewesen, sagte der zuständige Regierungsrat Walter Schönholzer im Rat. Es sei deshalb nicht angebracht, «einen unverhältnismässigen Überwachungsapparat aufzustellen». Schönholzer hat Verbesserungen versprochen. Die brauche es aber nicht auf Gesetzesebene. Die Lehren seien gezogen. Es brauche «eine gute und saubere Arbeit» in den Wahlbüros. Das hat auch die Mehrheit des Grossen Rates so gesehen.
Widerstand gegen die Motion gab es von den bürgerlichen Fraktionen. Der Sprecher der FDP wehrte sich dagegen, dass die Gemeinden unter Generalverdacht gestellt würden. Es habe nicht an den Weisungen gelegen, sondern an der Umsetzung, hiess es von der SVP-Fraktion. In den Thurgauer Städten und Gemeinden werde sorgfältig gearbeitet, hiess es insbesondere von Gemeindepräsidenten.
Unterstützung für die Motion gab es vor allem von den Grünliberalen (GLP), die an vorderster Front dafür gekämpft haben, aber auch aus den Reihen von SP und Grünen. Ein Wahlbetrug sei mehr als ein Schönheitsfehler, wurde argumentiert. Die Plausibilitätsprüfung und der Grundsatz «Sorgfalt vor Tempo» gehörten ins Gesetz.
Es müsse dringend das Vertrauen der Stimmberechtigten zurückgewonnen werden, sagte Ueli Fisch von der GLP, die von der Wahlmanipulation betroffen gewesen ist. Diese Haltung - im Thurgau sei alles in Ordnung - sei ein falsches Zeichen nach aussen und weiter: «Ich bin enttäuscht.»
Ob die GLP zum Thema Sicherheit bei Wahlen und Abstimmungen eine Volksabstimmung lancieren will, das ist noch offen.