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Wasserpistole als Waffe Entführung geht schief: Ex-Bankräuber ist wieder hinter Gittern

Mit einer Wasserpistole wollte der 57-Jährige in Obergerlafingen SO die Frau eines Bankdirektors entführen.

Den 57-Jährigen plagten finanzielle Sorgen. Er war arbeitslos und fand in der Informatikbranche keine Stelle mehr. Auf das Sozialamt wollte er nicht. So kam er auf die Idee, mit einer Entführung zu Reichtum zu kommen.

In der kriminellen Geldbeschaffung hat der Mann schon reichlich Erfahrungen gesammelt. Vor 20 Jahren wurde er im Kanton Aargau zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt, nachdem er mehrere Banken und Poststellen überfallen hatte.

Tat akribisch geplant

In der Anklageschrift beschreibt die Solothurner Staatsanwaltschaft, wie intensiv sich der Täter auf die Entführung vorbereitete. Demnach beobachtete er wochenlang das Haus der Banker-Familie in Obergerlafingen und recherchierte im Internet über die beste Ausführung der Tat.

Sein Plan: Die Frau des Bankdirektors zu Hause überwältigen, fesseln und so von ihrem Ehemann Geld erpressen. 200'000 Franken Beute erhoffte er sich. Zur Vorbereitung parkierte er ein Fluchtauto in der Nähe und deponierte Wechselkleidung. Zudem kaufte er eine Wasserpistole, die er schwarz lackierte.

Ein Mann hält eine blaue Wasserpistole.
Legende: Als Waffe führte der Angeklagte eine Wasserpistole mit. Diese lackierte er vorher schwarz, damit sie möglichst echt aussieht. Imago/lolostock

Am 14. September 2022 klingelte der 57-Jährige schliesslich an der Haustür der Opfer. Maskiert und ausgerüstet mit der Wasserpistole und Kabelbindern. Wie geplant, öffnete die Frau des Bankers die Türe. Ab dann geriet das Vorhaben ausser Kontrolle.

Frau und Sohn setzen sich zur Wehr

Der Täter verschaffte sich Zugang zum Haus und richtete die Waffe auf die Frau. Sein Komplize habe ihre Tochter entführt und sie sollte tun, was er ihr sage. Er wollte die Frau fesseln und sie danach dazu zwingen, ihrem Mann am Telefon einen Erpresserbrief vorzulesen. Dazu kam es aber nicht. Denn die Frau setzte sich zur Wehr.

Der Erpresserbrief im Wortlaut

Box aufklappen Box zuklappen

«Ich bin in den Händen von Entführern. Keine Polizei! Kein Alarm! Pack alles vorhandene Notengeld inkl. Fremdwährung in einen Sack. Du hast dafür 3 Minuten. Bleib am Telefon. Komm mit dem Geld aus der Bank und geh über die Hauptstrasse. Warte auf den Wagen. Bleib am Telefon! Keine Polizei! Kein Alarm! Gib das Geld durch das Fenster. Du wirst informiert, wenn ich freigelassen bin. Bis dann.»

Sie schrie lauthals, was den 17-jährigen Sohn alarmierte, der sich im oberen Stock des Hauses befand. Der Sohn zögerte nicht lange und schlug dem Eindringling direkt mehrmals mit der Faust ins Gesicht. Die Frau konnte sich befreien und holte aus dem Nebenzimmer eine hölzerne Yoga-Rolle. Sie schrie: «Jetzt isch fertig!» und drohte dem 57-Jährigen, die Knie zu zertrümmern.

Das war zu viel für den Angeklagten. Laut Anklageschrift war der korpulente Täter dem Mutter-Sohn-Gespann körperlich unterlegen. Die Frau befahl dem Eindringling, sich auf die Schuhbank in der Garderobe zu setzen. Der 57-Jährige gab mit den Worten «Isch guet, isch guet» auf und wartete auf der Schuhbank auf das Eintreffen der Polizei.

Obergericht verschärft Urteil

Der Täter ist geständig. Vor dem Solothurner Obergericht sagt der 57-Jährige, dass er nicht aufgegeben habe, weil er unterlegen war. Er hätte die Mutter und den Sohn schon überwältigen können, habe aber keine Gewalt anwenden wollen. Nur deshalb habe er sein Vorhaben abgebrochen. Es tue ihm leid.

Die Eingangstür zum Gerichtsgebäude. Auf einer goldenen Tafel steht «Amtshaus 1»
Legende: Das Solothurner Obergericht fällt ein hartes Urteil. SRF/Marco Jaggi

Das Gericht glaubt ihm nicht. Der Angeklagte habe nur aufgegeben, weil er überfordert gewesen sei. Der Anwalt des Angeklagten wollte eine bedingte Gefängnisstrafe von sechs Monaten. Die Staatsanwaltschaft forderte hingegen fünf Jahre Gefängnis. Zu wenig – findet das Solothurner Obergericht und geht mit dem Urteil über die Forderung der Staatsanwaltschaft hinaus.

Der Mann wird wegen versuchter Erpressung, versuchter Geiselnahme und Verstoss gegen das Waffengesetz zu sechs Jahren und vier Monaten Gefängnis verurteilt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig und kann noch ans Bundesgericht weitergezogen werden.

Regionaljournal Aargau Solothurn, 16.10.2024, 17:30 Uhr ; 

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