Im Wauwilermoos im Kanton Luzern wachsen Rüebli und Salat. Ein Teil der 16 Quadratkilometer ist geschützter Lebensraum für bedrohte Vögel. Wie gehen Lebensmittelproduktion und Naturschutz künftig zusammen? Dies fordert die Beteiligten aktuell heraus.
«Die Böden sind fruchtbar und liefern gute Erträge», sagt Jakob Lütolf. Er führt einen Betrieb im Wauwilermoos und präsidiert den Zentralschweizer Bauernbund. Die Perspektive von Susanna Lohri von der Naturschutzorganisation Birdlife Luzern ist eine andere: «Das Gebiet ist von hohem ökologischem Wert.»
Gut zehn Prozent der Fläche bieten heute ideale Lebensräume für Vögel oder Amphibien. Der Rest wird seit den 1950er-Jahren landwirtschaftlich genutzt. Damals entstand ein Betonkanal, der das Flachmoor zu weiten Teilen entwässert.
Doch nun gibt es ein Problem: Der Kanal ist sanierungsbedürftig und gerät an seine Kapazitätsgrenzen. Die Felder vernässen zunehmend.
Handeln – aber wie?
Dass es Arbeiten am Kanal brauche, sei seit 20 Jahren ein Thema, sagt Jakob Lütolf. Es gebe bei den Landwirtinnen und Landwirten aber Befürchtungen, das Projekt anzugehen. «Es ist die Angst, dass der Kanal wegkommt und alles renaturiert wird.»
Die Angst kommt nicht von ungefähr. Im Wauwilermoos brüten unter anderem Kiebitze. Die Vogelart ist stark gefährdet, und Flachmoore sind ihr idealer Lebensraum. Von Naturschutzorganisationen gab es deshalb bereits den Vorschlag, das Wauwilermoos wieder komplett zu fluten.
Ein Verein will vermitteln
Diesem Konflikt hat sich ein Verein angenommen. Die «Freunde der Wauwiler Ebene» wollen vermitteln. Dafür haben sie eine Studie zur Zukunft des Wauwilermooses in Auftrag gegeben.
Konkrete Handlungsansätze zeigt die Studie nicht. Was sie aber klarmacht: Eine Lösung ist nur möglich, wenn die Beteiligten von Landwirtschaft und Naturschutz das Projekt gemeinsam in Angriff nehmen.
Mehr Wasser in den Böden kann Umweltschutz und Landwirtschaft dienen.
Sie wollen mitarbeiten, sagt Susanna Lohri. Die Konfliktlinie zeichnet sich jedoch bereits ab: «Die Landwirtschaft will das Wasser möglichst schnell abfliessen lassen. Mehr Wasser in den Boden wäre aber aus ökologischer Sicht sinnvoll.» Sie ist der Meinung, dies könnte auch der Landwirtschaft dienen. Während Trockenphasen wäre in Teilen des Moors noch Wasser vorhanden, das sich auf den Feldern verteilen liesse.
Wir müssen einen gesunden Mittelweg finden.
Für Landwirt Jakob Lütolf hingegen ist der Kanal nicht verhandelbar. «Ohne ihn ist eine landwirtschaftliche Produktion nicht denkbar. Darüber braucht es einen Konsens zwischen Landwirtschaft und Umweltorganisationen.»
Aktuell seien die Probleme mit dem alten Kanal noch tragbar. Deshalb nichts zu tun, wäre aber «das Dümmste», wie er sagt. Deshalb ist auch er der Meinung: «Wir sollten miteinander arbeiten und einen gesunden Mittelweg finden.»
Der Knackpunkt
Der Wille ist da, die Konfliktpunkte liegen auf dem Tisch. Wie geht es weiter? Das ist der Knackpunkt. Für Jakob Lütolf und Sarah Lohri ist es nun am Kanton Luzern zu handeln. So sieht es auch der Verein «Freunde der Wauwiler Ebene». «In einem zweiten Schritt müssen die betroffenen Landwirtschaftsbetriebe zustimmen», so Jakob Lütolf.
Der Kanton sieht sich aber nicht in der Verantwortung, wie er bekanntgibt. Zwar würde er finanziell unterstützen, initiieren und leiten müssten das Kanalprojekt aber die Direktbetroffenen selbst, sprich: die Landwirtinnen und Landwirte. Die Zukunft des Wauwilermooses bleibt vorderhand ungewiss.