Die grösste Partei der Schweiz sucht nach dem Rücktritt von Marco Chiesa eine Führungspersönlichkeit. Die Person, die das Parteipräsidium der SVP übernimmt, muss motivieren können, gut kommunizieren und sich für die Partei reinknien – und sie muss den Erfolg der SVP weiterführen und die Partei für die kommenden Herausforderungen richtig aufstellen.
Marco Chiesa kommentierte seinen Rücktritt ganz in SVP-Manier: Gegenüber RSI sprach er die Kernthemen der Partei an und betonte die klare politische Linie: «Das Hauptziel eines Präsidenten und mein Ziel im Besonderen bestand darin, eine klare politische Linie zu Themen zu haben, die mir am Herzen liegen.» Chiesa nennt hier die «Masseneinwanderung», die Asylpolitik und die Energieversorgung des Landes. «Ich glaube, dass ich das Ziel meiner Präsidentschaft somit erreicht habe.»
Fraktionschef betont Oppositionskurs
Die Wahlen im vergangenen Herbst waren für die SVP ein Erfolg – die Partei erzielte das drittbeste Ergebnis der Geschichte. Doch da liegt noch mehr drin, findet SVP-Fraktionspräsident Thomas Aeschi. Schliesslich habe die SVP vor ein paar Jahren knapp an der Dreissig-Prozent-Grenze gekratzt.
Diese SVP-Grössen werden für die Chiesa-Nachfolge gehandelt
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Bild 1 von 15. Marcel Dettling. Als Kronfavorit für die Nachfolge von Marco Chiesa gilt der Schwyzer Landwirt und Nationalrat Marcel Dettling (42). Als Wahlkampfleiter hatte er grossen Anteil am Wahlerfolg der SVP im Herbst. Gegenüber dem «Blick» zeigt sich Dettling «interessiert» an dem «spannenden Job». Er werde sich eine Kandidatur gut überlegen. Bildquelle: Keystone/Gian Ehrenzeller.
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Bild 2 von 15. Thomas Aeschi. SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi (44) gilt als Schwergewicht in der Partei. Er sitzt in der Findungskommission, die mit der Chiesa-Nachfolge betraut ist. Gegenüber SRF News lässt er verlauten, nicht fürs Parteipräsidium kandidieren zu wollen: «Für mich als Fraktionspräsident steht die Arbeit im Parlament und der Fraktion im Vordergrund.». Bildquelle: Keystone/Anthony Anex.
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Bild 3 von 15. Céline Amaudruz. Die Genfer Nationalrätin und SVP-Vizepräsidentin Céline Amaudruz wäre die bekannteste Kandidatin aus der Westschweiz. Sie habe über eine Kandidatur noch nicht nachgedacht, sagte sie der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Die 44-Jährige hat als Vermögensverwalterin bei mehreren Grossbanken wie der UBS gearbeitet. Bildquelle: Keystone/Martial Trezzini.
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Bild 4 von 15. Franz Grüter. Der Luzerner Nationalrat Franz Grüter gilt als möglicher Kandidat für die Chiesa-Nachfolge und ist Mitglied der Parteileitung der SVP. Gegenüber SRF News erklärt er, dass er keinen neuen Job sucht. «Wir haben sehr gute Leute, die für diese Aufgabe in Frage kommen. Wenn sich aber niemand melden sollte, würde ich es mir allenfalls überlegen.». Bildquelle: Keystone/Urs Flüeler.
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Bild 5 von 15. Mike Egger. Der St. Galler Nationalrat Mike Egger (31) zeigt sich gegenüber SRF News interessiert an dem Posten: «Ich bringe einen Mix aus Erfahrung in der Privatwirtschaft und der Politik mit.» Trotz seines jungen Alters sei er schon lange im Nationalrat und früher im St. Galler Kantonsrat dabei. «Und ein frisches Gesicht kann ab und zu auch nicht schaden.». Bildquelle: Keystone/Alessandro della Valle.
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Bild 6 von 15. Sandra Sollberger. Die Baselbieter Nationalrätin Sandra Sollberger (50) geht bereits in ihre dritte Legislatur im Parlament und ist Mitglied der Parteileitung der SVP. Auf Anfrage von «20 Minuten» sagt sie: «Ich hatte schon einige Anrufe von in- und ausserhalb der Partei und muss mir das jetzt gut überlegen.» Grundsätzlich würden sie neue Herausforderungen reizen. Bildquelle: Keystone/Alessandro della Valle.
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Bild 7 von 15. Lars Guggisberg. Der Berner Nationalrat Lars Guggisberg (46) zeigt sich gegenüber SRF News interessiert an dem Amt. «Es wäre sicher sehr reizvoll, das Präsidium der grössten Partei der Schweiz zu übernehmen.» Er werde die nächsten Tage nutzen, um im familiären und beruflichen Umfeld Gespräche zu führen. Bildquelle: Keystone/Anthony Anex.
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Bild 8 von 15. Alfred Heer. Der Zürcher Nationalrat und Unternehmer Alfred Heer (62) zeigte im Oktober Interesse an einem Zürcher Sitz im Ständerat, wurde jedoch von seiner Partei knapp nicht nominiert. Für das Amt des Parteipräsidenten könnte er aber wieder in Frage kommen. Bildquelle: Keystone/Alessandro della Valle.
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Bild 9 von 15. Gregor Rutz. Der Zürcher Nationalrat Gregor Rutz kandidierte bei den Wahlen vom Oktober für den Ständerat, musste aber eine Niederlage einstecken. Möglich gewesen wäre, dass er sich nun für das Präsidium interessiert. Aber der 51-Jährige stellt sich nicht zur Verfügung. «Meine Tätigkeiten als Projektleiter und Unternehmer lassen dies leider zeitlich nicht zu.». Bildquelle: Keystone/Urs Flüeler.
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Bild 10 von 15. Esther Friedli. Die St. Gallerin Esther Friedli (46) sitzt seit Mai 2023 im Ständerat. Sie hat sich noch nicht dazu geäussert, ob sie Interesse am SVP-Präsidium hat. Rat holen kann sie sich bei ihrem Mann: Toni Brunner präsidierte die SVP von 2008 bis 2016. Bildquelle: Keystone/Peter Klaunzer.
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Bild 11 von 15. Christian Imark. Der Solothurner Nationalrat Christian Imark (41) winkt ab: «Ich sehe soeben meinen kleinen Kindern zu beim Spielen. Das möchte ich in Zukunft auch noch können», erklärt der Solothurner auf Anfrage von «20 Minuten». Bildquelle: Keystone/Alessandro della Valle.
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Bild 12 von 15. Magdalena Martullo-Blocher. Die Bündner Nationalrätin Magdalena Martullo-Blocher (54) zeigte im vergangenen Jahr kein Interesse, die Nachfolge von Ueli Maurer im Bundesrat anzutreten. Ob die EMS-Chefin und Blocher-Tochter Ambitionen aufs SVP-Präsidium hegt, ist offen. Bildquelle: Keystone/Gian Ehrenzeller.
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Bild 13 von 15. Jean-Luc Addor. Der Walliser Nationalrat Jean-Luc Addor (59) hat sich für eine mögliche Kandidatur bereits aus dem Rennen genommen. Das Präsidium einer Schweizer Partei sei eine Verrücktheit, sagte Addor. Er bevorzuge es, Milizpolitiker zu bleiben. Zudem sehe er als Nächstes eher eine Person aus der Deutschschweiz an der Spitze der SVP. Bildquelle: Keystone/Peter Schneider.
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Bild 14 von 15. Werner Salzmann. Der Berner Ständerat Werner Salzmann (61) hätte als ehemaliger Präsident der Berner SVP und Bundesratskandidat im Oktober 2022 die Voraussetzungen für das Amt. Salzmann steht jedoch nicht zur Verfügung, wie er Keystone-SDA mitteilte. Bildquelle: Keystone/Alessandro della Valle.
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Bild 15 von 15. Barbara Steinemann. Die Zürcher Nationalrätin Barbara Steinemann (47) hegt derzeit keine Ambitionen, das SVP-Präsidium zu übernehmen. Gegenüber SRF News hat sie aber einen klaren Favoriten: «Ich denke, es wird auf Marcel Dettling hinauslaufen.». Bildquelle: Keystone/Peter Klaunzer.
Aeschi betont die Oppositionshaltung in für die SVP zentralen Themen: bei der Migration und bei der Zusammenarbeit mit der EU. «Wir wollen, dass das Schweizer Volk weiterhin zuoberst ist. Wir wollen selber bestimmen, welche Gesetze und Regeln in diesem Land gelten. Ich bin überzeugt, dass wir diesen Kampf gegen die institutionelle Anbindung der Schweiz an die EU gewinnen werden.»
Muss die SVP mehr Allianzen schmieden?
Oppositionspolitik als Erfolgsrezept? Nicht unbedingt. Es gibt innerhalb der SVP auch Stimmen, die mehr Konsens fordern. SVP-Nationalrätin Barbara Steinemann sagt, die Zusammenarbeit mit anderen Parteien und Fraktionen sei für die SVP besonders wichtig: «Bisher kommt es meines Erachtens zu oft vor, dass wir etwas vom Kuchen abgeschnitten werden. Dort, wo der Kompromiss stattfindet, muss sich die SVP in Zukunft besser einbringen können.» Dies werde die grosse Herausforderung der kommenden Jahre sein, sagt Steinemann.
Hinter der Bühne bietet die SVP bei verschiedenen Themen, bei denen sie nicht derart starke rote Linien hat, schon auch Hand.
Die Oppositionshaltung betonen oder vermehrt den Konsens suchen? Es sei ein Spagat, den die SVP hier vollbringen müsse, sagt Marc Bühlmann, Professor für Politikwissenschaft an der Universität Bern. Und diesen Spagat beherrsche die Partei bereits relativ gut.
Hand bieten – aber hinter der Bühne
Man müsse hier zwischen auf der Bühne und hinter der Bühne unterscheiden, sagt der Politologe. «Die SVP spielt dieses Bühnenspiel relativ gut: In der Öffentlichkeit bearbeitet sie ihre Kernthemen.» Dies seien derzeit vorderhand die Migrations- und in geringerem Mass die Europapolitik. «Hinter der Bühne bietet die SVP bei verschiedenen Themen, bei denen sie nicht derart starke rote Linien hat, schon auch Hand.»
Allzu viel ändern müsse die SVP an dieser Strategie daher nicht. Und doch glaubt Bühlmann, dass es nicht mehr viel Wachstumspotential für die Partei gibt. Heisst: Die SVP ist nach dem Wahlerfolg ein Stück weit in einer Verteidigungsposition. Und einen Erfolg verteidigen ist in der Schweizer Politik immer schwieriger als gewinnen. Auf den Lorbeeren ausruhen darf sich der neue Parteipräsident oder die neue Parteipräsidentin also keineswegs.